Entscheidungsstichwort (Thema)

Feiertagszuschläge. Auslegung Tarifvertrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Verwenden die Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag einen Begriff, der in der Rechtsterminologie eine bestimmte Bedeutung hat, so ist davon auszugehen, dass er im Tarifvertrag dieselbe Bedeutung haben soll, soweit sich nicht aus dem Tarifvertrag selbst etwas anderes ergibt. Da Pfingst- und Ostersonntag keine bundesweiten gesetzlichen Feiertage sind, ist für Arbeit an diesen Tagen kein Feiertagszuschlag zu zahlen, wenn der Tarifvertrag ein solchen Zuschlag lediglich für gesetzliche Feiertage vorsieht.

 

Normenkette

TVG § 1; FeiertagsG Ha § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 10.02.2004; Aktenzeichen 1 Ca 401/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.04.2005; Aktenzeichen 5 AZR 475/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10. Februar 2004 – 1 Ca 401/03 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe eines Zuschlags für Pfingstsonntag, den 8.6.2003.

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft V., ist bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der bei der Beklagten bestehende Haustarifvertrag, der sich räumlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bezieht, vom 22.1.2002 Anwendung.

In dessen § 6 Ziffer 1 c ist Folgendes bestimmt:

„Für Arbeitszeiten an den derzeit bundesweit 11 gesetzlichen Feiertagen wird ein Zuschlag von 120 % gezahlt.”

Nach der vorhergehenden tariflichen Regelung – vom 27.11.1997 – war ein Zuschlag von 150 % an gesetzlichen Feiertagen zu gewähren.

Der Kläger arbeitete am Pfingstsonntag des Jahres 2003 an 7 Stunden, er erhielt hierfür den allgemeinen Sonntagszuschlag in Höhe von 40 %, nicht aber den Feiertagszuschlag in Höhe von 120 %. Die Differenz zwischen den Zuschlägen in Höhe von EUR 67,53 brutto macht er mit vorliegender Klage geltend.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe nach § 6 Ziffer 1 c des Haustarifvertrages auch für den Pfingstsonntag Feiertagszuschläge in Höhe von 120 % zu zahlen, denn es gebe bundesweit nur 9 gesetzliche Feiertage, die Tarifvertragsparteien hätten also den Ostersonntag und den Pfingstsonntag mit einschließen wollen.

Durch das dem Kläger am 16.2.2004 zugestellte Urteil vom 10.2.2004, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen mit der wesentlichen Begründung, dass, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff verwendeten, der in der Rechtsterminologie eine bestimmte Bedeutung habe, sei davon auszugehen, dass er im Tarifvertrag dieselbe Bedeutung haben solle. Der Pfingstsonntag sei aber kein gesetzlicher Feiertag. Das Arbeitsgericht hat die Berufung zugelassen.

Hiergegen richtet sich die am 15.3.2004 eingelegte und mit am 15.4.2004 beim Landesarbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt vor, aus Gründen der Vereinheitlichung und Vereinfachung hätten die Tarifvertragsparteien den Feiertagszuschlag von 150 % auf 120 % zurückgeführt, dafür jedoch bezogen auf die zahlenmäßig überwiegenden Beschäftigten in Hamburg zwei zusätzliche Feiertage anerkannt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10.1.2004 – 1 Ca 401/03

die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 67,53 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.7.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass ein tarifpolitischer Zusammenhang kein geeignetes Auslegungskriterium sei. Es sei keineswegs beabsichtigt gewesen, zwei zusätzliche Feiertage zu schaffen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG statthaft und im Übrigen form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden und damit zulässig (§§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. Mit überzeugender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dem folgt das Berufungsgericht. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Lediglich ergänzend und auf den neuen Vortrag der Parteien eingehend wird Folgendes ausgeführt:

Dem Kläger steht der geltend gemachte Feiertagszuschlag gemäß § 6 des Haustarifvertrages nicht zu, weil – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat – der Pfingstsonntag kein gesetzlicher Feiertag i.S.d. Bestimmung ist.

II. Tarifverträge sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, wegen ihres aus § 4 Abs. 1 TVG folgenden Normcharakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Ist der Wortsinn unbestimmt, ist darüber hinaus der wirkliche Wille der Tarifschließenden und der von ih...

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