Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.04.2005; Aktenzeichen 5 AZR 475/04)

LAG Hamburg (Urteil vom 04.08.2004; Aktenzeichen 5 Sa 33/04)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 67.53 festgesetzt.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung eines tariflichen Feiertagszuschlages für den Pfingstsonntag 2003 in Anspruch.

Der Kläger ist bei der Beklagten zu einem Stundenlohn von EUR 12,06 brutto tätig. Beide Parteien sind tarifgebunden.

Die Beklagte hat mit der Gewerkschaft V. einen Firmentarifvertrag unter dem 22. Januar 2002 abgeschlossen. In § 6 dieses Tarifvertrages ist u. a. folgendes geregelt:

„1.c) Für Arbeitszeiten an den derzeit bundesweit 11 gesetzlichen Feiertagen wird ein Zuschlag von 120 % gezahlt.

Am Pfingstsonntag, den 8. Juni 2003, hat der Kläger sieben Stunden für die Beklagte gearbeitet.

Mit seiner, der Beklagten am 15. August 2003 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Feiertagszuschlags für den 8. Juni 2003. Er trägt vor, die Tarifvertragesparteien seien zutreffend davon ausgegangen, dass es bundesweit nur neun gesetzliche Feiertage gebe, wollten aber den Oster- und den Pfingstsonntag ebenfalls mit einschließen. Auch für diese Tage seien daher den Mitarbeitern bisher Feiertagszuschläge gewährt worden. Ihm stehe daher als weitere Vergütung für den Pfingstsonntag EUR 67,53 brutto zu.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 67,350 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz gem. § 1 Diskontsatzüberleitungsgesetz hieraus seit dem 1. Juli 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert, dem Kläger stehe kein Feiertagzuschlag für den Pfingstsonntag zu. Der Pfingstsonntag sei ein Sonntag, jedoch kein gesetzlicher Feiertag, und zwar weder nach dem Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall noch nach dem entsprechenden Gesetz der Freien und Hansestadt Hamburg.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie wegen ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§ 313 Abs. 2 ZPO).

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Dem Kläger steht ein Feiertagszuschlag gem. § 6 des Firmentarifvertrags der Beklagten für den Pfingstsonntag (8. Juni 2003) nicht zu, denn der Pfingstsonntag ist kein gesetzlicher Feiertag im Sinne des § 6 Ziffer 1.c) des Firmentarifvertrags der Beklagten.

Die Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht, werden wie folgt kurz zusammengefasst (§ 313 Abs. 3 ZPO):

1. Maßgeblich für die Entscheidung des Rechtsstreits ist die Auslegung des § 6 des Firmentarifvertrages der Beklagten, der kraft beiderseitiger Tarifbindung gem. §§ 3, 4 TVG unmittelbar und zwingend auf das Arbeitsverhältnis der Parteien zur Anwendung kommt. Nach dieser Vorschrift ist für Arbeitszeiten an den derzeit 11 bundesweit gesetzlichen Feiertagen ein Zuschlag von 120 % von der Beklagten zu leisten.

Die Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen folgt den für die Gesetzesauslegung geltenden Regeln. Sie hat zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Wortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Ferner ist auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Bleiben bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlauts und des tariflichen Gesamtzusammenhangs als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfall noch Zweifel, so können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgreifen (BAG Urteil vom 12. September 1984 – 4 AZR 336/82BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung = EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 14). Weiter ist folgender allgemeiner Auslegungsgrundsatz zu beachten: Verwenden die Tarifvertragsparteien in einem Tarifvertrag einen Begriff, der in der Rechtsterminologie eine bestimmte Bedeutung hat, so ist davon auszugehen, dass er im Tarifvertrag dieselbe Bedeutung haben soll, soweit sich nicht aus dem Tarifvertrag selbst etwas anderes ergibt (BAG Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 512/81BAGE 46, 61, 66 = AP Nr. 3 zu § 9 TVG = EzA § 9 TVG Nr. 3, BAG Urteil vom 24. April 1996 – 5 AZR 798/94 – EzA § 47 SGB V Nr. 1).

2. Wendet man diese Auslegungsgrundsätze auf den vorliegend zu entscheidenden Fall an, so ergibt sich folgendes:

Die Tarifvertragesparteien haben im Firmentarifvertrag den § 6 den Begriff des gesetzlichen Feiertages verwendet. Damit haben Sie an einen Begriff angeknüpft, der in § 2 des...

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