Entscheidungsstichwort (Thema)

Mindestbetriebsgröße gem § 111 Satz 1 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Mindestbetriebsgröße gem § 111 Satz 1 BetrVG kommt es im Falle der Bildung eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen auf die Größe des gemeinsamen Betriebes an.

2. Dies gilt auch im Falle der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines der mehreren Unternehmen, solange die einheitliche Betriebsorganisation fortbesteht. Die Vereinbarung zur Führung eines gemeinsamen Betriebes entfällt nicht automatisch durch die Konkurseröffnung.

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 31.05.1996; Aktenzeichen 28 BV 1/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 31. Mai 1995–28 BV 1/95 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs für das in Konkurs gefallene Unternehmen … GmbH … den der Konkursverwalter als Beteiligter zu 1) angefochten hat.

Zwischen den Beteiligten wurde im Herbst 1994 eine Einigungsstelle gebildet, deren Gegenstand die Aufstellung von Sozialplänen für die in Konkurs gefallenen Unternehmen …, die … & Co AG (… AG) sowie … & Co … GmbH … war. Für alle Unternehmen ist der Beteiligte zu 1) Konkursverwalter. Für den Bereich … konnte eine Einigung erzielt werden; für den Bereich … ist ein Spruch der Einigungsstelle ergangen, der rechtskräftig geworden ist.

Hinsichtlich des weiteren vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im ersten Rechtszug wird auf Zi. 1 der Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 107–110 d.A.), hinsichtlich des durch Spruch der Einigungsstelle aufgestellten Sozialplan auf (Bl. 8– 11 d.A:) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat den auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs gerichteten Antrag des Konkursverwalters als unbegründet zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Die Einigungsstelle habe durch ihren Spruch nicht ihre Kompetenz überschritten, weil die Voraussetzungen der § 111 ff. BetrVG vorgelegen hätten. Die nach Konkurseröffnung vom Konkursverwalter getroffene Stillegungsentscheidung stelle eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung dar. Die in § 111 Satz 1 BetrVG vorgeschriebene Mindestbetriebsgröße von 20 Arbeitnehmern sei erreicht. Zwar seien bei der … regelmäßig weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Für die Betriebsgröße sei jedoch die Gesamtzahl der in den verschiedenen Unternehmen am Steindamm 80 beschäftigten Arbeitnehmer zugrundezulegen. Diese Unternehmen hätten jedenfalls bis zur Konkurseröffnung einen gemeinsamen Betrieb mit einer einheitlichen Führung in personellen und sozialen Angelegenheiten unterhalten. Für eile am Steindamm 80 beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der … sei am 03.05.1990 ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt worden. Die Wahl sei nicht angefochten worden. Für die Betriebsratswahl sei der zutreffende Betriebsbegriff zugrundegelegt worden. Die beteiligten Unternehmen hätten sich zur Führung eines gemeinsamen Betriebes verbunden gahebt. Für dessen einheitliche Leitung sei eine ausdrückliche Vereinbarung nicht erforderlich, eine konkludente reiche aus und liege hier vor. Alle Unternehmen seien im selben Hause untergebracht gewesen. Bestimmte Einrichtungen wie Kantine und Haustechnik seien von allen Unternehmen gemeinsam genutzt worden. Mitarbeiter seien zwischen den einzelnen Unternehmen ausgetauscht worden. Es habe eine einheitliche institutionelle Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten bestanden. Dem Betriebsrat hätten feste Ansprechpartner für die sozialen und personellen Belange gegenübergestanden. Dies seien bis Frühjahr 1991 Frau … und Herr Dr. … nach deren Ausscheiden Herr … und Her … gewesen. Auch lasse die Betriebsvereinbarung vom 23.11.1990 auf das Bestehen einer einheitlichen Leitungsfunktion schließen, weil sie auf Arbeitgeberseite von der „Unternehmensleitung der … AG, gleichzeitig handelnd für ihre am Steindamm 80 residierenden Tochtergesellschaften” abgeschlossen worden sie und die … damals auch bei einer engen Auslegung Tochtergesellschaft der … AG gewesen sei.

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für das Betehen eines gemeinsamen Betriebes mehrerer Unternehmen müßten auch für die Betriebsgröße i.S.d. § 111 BetrVG gelten. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes, das in § 111 BetrVG dem Betriebsrat zwar den Unternehmer als Gegenpart gegenüberstelle, dennoch aber an die Arbeitnehmerzahl des Betriebes und nicht die des Unternehmens anknüpfe. Zwar sei Grund für die Einführung einer Mindestgröße auch die vermutete größere Leistungsfähigkeit größerer Betriebe. Das rechtfertige aber keine andere Betrachtungsweise, weil der Unternehmer es sonst in der Hand habe, durch rechtliche Aufspaltung eines Betriebes in mehrere Unternehmen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu unterlaufen.

Die §§ 111 ff. BetrVG seien auch im Konkurs anzuwenden...

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