Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertkatalog für die deutsche Arbeitsgerichtsbarkeit. Pauschaler Gebührenwert bei der Klage auf Zeugniserteilung. Keine Rechtsbeschwerde bei Streitwertbeschlüssen der zweiten Instanz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Klaganträgen auf Erteilung eines Zeugnisses ohne Inhaltsbestimmung ist für den Gebührenwert ein Pauschalbetrag anzusetzen, der - für Zwischen- und Schlusszeugnisse gleichermaßen - regelmäßig 500,- € beträgt.

2. Die Empfehlungen der mandatslos errichteten sog. "Streitwertkommission" sind nicht bindend. Sie sind weder Rechtssätze noch Rechtsprechung.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die auf der Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichtete Streitwertkommission hat einen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeitet. Dieser entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung, stellt aber eine ausgewogene und mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.

2. Die Regelung des § 78 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eröffnet keine Rechtsbeschwerde bei der Festsetzung von Gegenstandswerten. Die Rechtsbeschwerde bei Streitwertbeschlüssen ist spezialgesetzlich ausgeschlossen und damit nicht statthaft.

 

Normenkette

GKG §§ 63, 68; RVG § 32; GKG § 42 Abs. 2, § 66 Abs. 3 Nr. 3; RVG § 33 Abs. 3; ArbGG § 78 S. 2; ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2; Streitwertkatalog Abschn. I Nr. 29.2; Streitwertkatalog Abschn. I Nr. 29.3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 23.05.2022; Aktenzeichen 16 Ca 20/22)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. Mai 2022 - 16 Ca 20/22 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die befristete Beschwerde richtet sich gegen eine Wertfestsetzung.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer Kündigung, Erteilung eines Zwischenzeugnisses sowie Weiterbeschäftigung, nachdem die Beklagte gegenüber dem bei ihr zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 11.929,14 € beschäftigten Kläger eine Kündigung aussprach. Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 06. April 2022 der Klage überwiegend stattgegeben.

Nach mit Schriftsatz vom 13. Mai 2022 erfolgter Beantragung der Festsetzung eines "Verfahrenswertes für die anwaltliche Tätigkeit" durch die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat das Arbeitsgericht Hamburg nach Anhörung des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten durch Beschluss vom 23. Mai 2022 - 16 Ca 20/22 - (Bl. 624 d.A.) den "Gegenstandswert" für die Klage auf 48.216,56 € festgesetzt.

Gegen den am 27. Mai 2022 (Bl. 627 d.A.) ihr zugestellten Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit einem am 08. Juni 2022 (Bl. 649 d.A.) beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung führt die Beschwerde aus, das Arbeitsgericht habe sich mit der Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten vom 17. Mai 2022 nicht auseinandergesetzt, sondern gehe offensichtlich weiterhin für den Antrag zu 3., Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses, von einem Streitwert von 500,00 € aus. Der Wert eines Zwischenzeugnisses sei nach dem Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit nach Ziff. 29.3 mit einer Monatsvergütung und nicht pauschal mit 500,00 € zu bemessen. Vorliegend sei der Wert des Antrags zu 3. daher mit 11.929,14 € zu bemessen und der Gegenstandwert auf insgesamt 59.645,70 € festzusetzen.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat der Beschwerde durch Beschluss vom 11. Juli 2022 - 16 Ca 20/22 - (Bl. 658 d.A.) nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten des Klägers sei der auf Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses gerichtete Klageantrag zu Ziff. 3 nicht mit einem weiteren Gehalt des Klägers, sondern pauschal mit 500,00 € zu bewerten, da keine Regelungen zum Zeugnisinhalt getroffen würden.

Die Parteien und deren Prozessbevollmächtigte erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme zur Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers führte daraufhin mit Schriftsatz vom 02. August 2022 aus, anders als das Arbeitsgericht meine, sei der Streitwert für den Antrag zu 3. nicht mit einem pauschalen Betrag in Höhe von 500,00 € festzusetzen, sondern mit einer Bruttomonatsvergütung von 11.929,14 €. Die Rechtsprechung (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 10. Dezember 2006 - 4 (5) Ta 437/06 -, LAG Rheinland-Pfalz vom 25. Mai 2004 - 2 Ta 113/04 -) setze für die Erteilung eines Zeugnisses regelmäßig ein, mindestens jedoch ein halbes Bruttomonatsgehalt an, unabhängig von dessen Inhalt. Auch der Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 09. Februar 2018 bemesse die Erteilung oder Berichtigung eines Zwischenzeugnisses nach Ziff. 29.3 mit einer Monatsvergütung. Selbst für die Erteilung eines einfachen Zeugnisses sei nach Ziff. 29.1 10 % der Monatsvergütung anzusetzen. Vorliegend betrüge der Streitwert eines einfachen Zeugnisses bereits 1.9...

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