Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 21.04.1987; Aktenzeichen H 2 Ca 273/86)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Herrn Rechtsanwalts …, wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 21. April 1987 – H 2 Ca 273/86 – abgeändert:

 

Gründe

Die Beschwerde des in der Beschlußformel genannten Rechtsanwalts gegen den angeführten Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg war, weil sie auf die Abänderung des angefochtenen Beschlusses und die Festsetzung eines höheren Streitwertes gerichtet war, als im eigenen Namen des Rechtsanwalts eingelegt anzusehen. Sie war an sich statthaft und, weil form- und fristgerecht eingelegt, auch zulässig.

Der sachliche Erfolg war ihr nicht zu versagen.

I.

Die Beschwerde war begründet.

1. Es ist in der Rechtsprechung und der Literatur streitig, ob dann, wenn mehrere Kündigungen desselben Arbeitsverhältnisses mit Klagen oder Klagerweiterungen in demselben Rechtsstreit angegriffen werden, für alle auch die in § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG festgelegte Streitwertobergrenze gilt und unter Berücksichtigung dieser nur ein einheitlicher Streitwert festgesetzt werden kann, der insgesamt drei Monatsverdienste des Klägers nicht überschreitet (vgl. hierzu statt aller nur BAG, Beschluß vom 20.1.1967 – 2 AZR 332/65 – in AP Nr. 12 zu § 12 ArbGG 1953; BAG, Beschluß vom 16.12.1976 – 5 AZR 824/78 –/unveröffentlicht/; LAG Hamburg, Beschluß vom 11.11.1983 – 1 Ta 12/83 – in AnwBl 1984, S. 316; BAG, Beschluß vom 6.12.1984 – 2 AZR 754/79 – in AP Nr. 8 zu § 12 ArbGG 1979; LAG Hamburg, Beschluß vom 28.2.1985 – 1 Ta 14/84 – soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht; LAG Bremen, Beschluß vom 13.2.1987 – 4 Ta 5/87 – in MDR 1987, S. 525; Egon Schneider, MDR 1985, S. 270; Philippsen-Dörner, NZA 1987, S. 113 ff/115; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 45. Aufl. 1987, Anh § 3 „Arbeitsverhältnis”; Zöller-Egon Schneider, 15. Aufl. 1987, § 3 Rn 16 Arbeitsgerichtsverfahren II 5).

Während das BAG z.B. (a.a.O.), grundsätzlich nur einen einheitlichen Streitwert im Rahmen der Obergrenze, des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG für zulässig erachtet und diese Rechtsansicht von einigen LAG geteilt wird, vertritt die wohl überwiegende Rechtsprechung der LAG den Grundsatz der Einzelbewertung und Addition, d.h. die Ermittlung von Einzel Streitwerten für die in dem Rechtsstreit angegriffenen Kündigungen, und addiert diese dann zu einem Gesamtstreitwert. Der Meinungsstreit wird von Philippsen-Dörner, NZA 1987, S. 115, wörtlich wie folgt dargestellt:

„Das BAG und die LAGe München, Frankfurt und Rheinland-Pfalz gehen demgegenüber davon aus, daß § 12 VII 1 ArbGG jedenfalls dann die oberste Grenze für die Streitwertfestsetzung bildet, wenn in einem Rechtsstreit mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Kündigungen durch Kündigungsschutzanträge angegriffen werden. Zwar handelt es sich dann um mehrere Streitgegenstände i.S. des § 5 ZPO. Aufgrund der zwischen ihnen bestehenden wirtschaftlichen Identität erfolgt aber gleichwohl keine besondere Bewertung. Das BAG hat offen gelassen, ob etwas anderes dann gilt, wenn zwischen den einzelnen Kündigungen ein längerer Zeitabstand besteht. Nach der Auffassung des LAG Rheinland-Pfalz gelten diese Grundsätze nicht nur dann, wenn wegen eines zusammenhängenden Lebenssachverhalts mehrfach eine Kündigung ausgesprochen wurde, sondern auch dann, wenn mehrere Kündigungen aufgrund verschiedener Lebenssachverhalte ausgesprochen und zum Streitgegenstand eines Rechtsstreits gemacht worden sind. Denn die sozialpolitische Zwecksetzung des § 12 VII 1 ArbGG, den für den Arbeitnehmer existentiell bedeutsamen Kündigungsschutzprozeß besonders günstig zu gestalten und insbesondere nicht mit einem zu hohen Kostenrisiko zu belasten, hat bei der Auslegung der Norm im Vordergrund zu stehen. Der Arbeitgeber verfolgt mit den jeweiligen Kündigungen insgesamt das einheitliche Ziel, das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis zu beenden. Dem steht das einheitliche Interesse des Arbeitnehmers gegenüber, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom Ablauf der Kündigungsfrist der ersten Kündigung bis zu dem der letzten angegriffenen Kündigung feststellen zu lassen. Zwar ist der Arbeitnehmer gehalten, im Hinblick auf die §§ 4, 7, 13 KSchG jede Kündigung mit einem gesonderten Feststellungsantrag anzugreifen, wenn er deren Sozialwidrigkeit geltend machen will. Beruft er sich dagegen auf die Unwirksamkeit der Kündigung aus sonstigen Gründen (z.B. § 102 BetrVG, § 613 a BGB), so kann er gem. § 256 ZPO die Feststellung beantragen, daß sein Arbeitsverhältnis bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortbesteht und zur Begründung alle vom Arbeitgeber vorgebrachten Beendigungsgründe als unwirksam angreifen. Vom Sinn und Zweck des § 12 VII 1 ArbGG kann es aber für die Streitwertbemessung keinen Unterschied machen, wenn der Kläger mit mehreren Feststellungsanträgen aufgrund der Systematik des Kündigungsschutzgesetzes das gleiche Prozeßziel zu erreichen trachten muß. Soweit § 12 VII 1 ArbGG schließlich als Regeistreitwert verstanden wird, ist nicht er...

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