Leitsatz (amtlich)

Die Parteien streiten darüber, ob anstelle der kraft beiderseitiger Tarifbindung anwendbaren tariflichen Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Schluß der Kalenderwoche gemäß § 2 Nr. 6 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer der Nordrheinischen Textilindustrie vom 10.05.1978 die gesetzliche Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 BGB n. F. gilt.

§ 2 Nr. 6 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer der Nordrheinischen Textilindustrie vom 10.05.1978 ist konstitutiver Natur und enthält keine dynamische Verweisung auf das Kündigungsfristengesetz vom 07.10.1993 (BGBl. I S. 1668).

Die Tariföffnungsklausel des § 622 Abs. 4 S. 1 BGB n. F. gilt auch für Tarifverträge, die bereits beim Inkrafttreten des Kündigungsfristengesetzes bestanden haben (BAG vom 14.02.1996 – 2 AZR 201/95 –).

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Urteil vom 06.12.1995; Aktenzeichen 1 Ca 2560/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.01.1997; Aktenzeichen 2 AZR 370/96)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 06.12.1995 – 1 Ca 2560/95 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 20.07.1971 geborene Kläger trat am 27.03.1995 als gewerblicher Arbeitnehmer (Verleger) gegen einen Stundenlohn von 18,50 DM brutto bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden in die Dienste der Beklagten, die ein Unternehmen der Textilindustrie betreibt. Kraft Organisationszugehörigkeit unterfiel das Arbeitsverhältnis dem Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Nordrheinischen Textilindustrie vom 10.05.1978 (MTV Arbeiter). § 2 Nr. 6 MTV Arbeiter lautet wie folgt:

„Die beiderseitige Kündigungsfrist beträgt, sofern ein Gesetz oder dieser Tarifvertrag nichts anderes bestimmt, 2 Wochen zum Schluß der Kalenderwoche…”

Mit Schreiben vom 25.08.1995, das dem Kläger am gleichen Tage zugegangen ist, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 08.09.1995. Die Parteien streiten darüber, ob anstelle der tariflichen Kündigungsfrist zugunsten des Klägers die gesetzliche Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB in der ab dem 15.10.1993 geltenden Fassung zur Anwendung gelangt.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.08.1995 nicht zum 08.09.1995 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.09.1995 fortbestanden hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 06.12.1995 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Krefeld – 1 Ca 2560/95 – die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 2.109,– DM festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, daß die Tarifvertragsparteien mit § 2 Ziff. 6 MTV Arbeiter von der ihnen zustehenden Regelungskompetenz gem. § 622 Abs. 4 BGB berechtigt Gebrauch gemacht hätten. Die tarifvertragliche Kündigungsfrist sei konstitutiver Natur und verstieße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit werde auf die Entscheidung des 2. Senats des BAG vom 23.01.1992 – 2 AZR 470/91 – verwiesen.

Gegen das am 21.12.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 22.01.1996 (Montag) eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren bei dem Landesarbeitsgericht am 22.02.1996 vorliegenden Schriftsatz begründet.

Der Kläger wendet sich gegen das angefochtene Urteil, weil seiner Auffassung nach aufgrund der Verweisung des § 2 Ziff. 6 MTV Arbeiter auf das Gesetz die nunmehr gesetzliche Regelung zugunsten des Klägers gem. § 622 Abs. 1 BGB zur Anwendung gelangen müsse.

Der Kläger beantragt.

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Krefeld vom 06.12.1995 – 1 Ca 2560/95 – festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25.08.1995 nicht zum 08.09.1995 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30.09.1995 fortbestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 06.12.1995 – 1 Ca 2560/95 – zurückzuweisen.

Die Beklagte schließt sich den Ausführungen des angefochtenen Urteils an und macht sich diese zu eigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen (§§ 523, 313 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG).

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 06.12.1995 – 1 Ca 2560/95 – ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 518 Abs. 1 u. 2, 222 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG) und begründet worden (§§ 519 Abs. 2 u. 3 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

II.

In der Sache selbst konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, weil das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht zu einer Abweisung der Klage gelangt ist. Die von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 25.08.1995 hat auf der ...

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