Verfahrensgang

ArbG Wesel (Entscheidung vom 06.10.1999; Aktenzeichen 4 Ca 1313/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.10.1999 – 4 Ca 1313/99 – abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien seit dem 19.04.1999 aufgrund Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht und dieses nicht durch die Kündigung des

3. Beklagten vom 14.05.1999 zum 30.06.1999 beendet worden ist.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

5. Streitwert: 10.632,54 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen durch Betriebsübernahme ein Arbeitsverhältnis begründet und dieses durch den Beklagten wirksam gekündigt worden ist.

Die Klägerin war seit dem 01.07.1978 als Arzthelferin bei Frau Dr. L., einer Fachärztin für Innere Medizin, in deren Praxis in M., H. Str., beschäftigt. Seit dem 19.04.1999 praktiziert in diesen Praxisräumen der Beklagte als Facharzt für Innere Medizin, nachdem dieser zuvor in räumlicher Nähe seine Praxis betrieben hatte. Ausweislich des Rundschreibens der Kassenärztlichen Vereinigung vom Juni 1999 hat Frau Dr. L. ihre Praxis in diejenige der Dr. Z. – Streitverkündete zu 1. und 2. – in M., A. verlegt und mit diesen eine zum 01.07.1999 genehmigte Gemeinschaftspraxis – Schwerpunkt Kardiologie – gebildet. Sie hat sodann zum 31.12.1999 ihre kassenärztliche Zulassung zurückgegeben und ist aus der Gemeinschaftspraxis ausgeschieden. Seither ist dort Dr. R. als neu eingetretener und kassenärztlich zugelassener Arzt tätig.

In der Zeit vom 01. bis 18.04.1999 blieb die Praxis H. Str. geschlossen, die Klägerin – wie auch die übrigen Mitarbeiterinnen – nahm in dieser Zeit noch offenstehenden Erholungsurlaub. Ein am Praxiseingang angebrachtes Schild enthielt neben dem Hinweis auf die urlaubsbedingte Schließung der Praxis und den zuständigen Vertretungsarzt den Zusatz:

„Ab 19.04.1999 sind wir wieder für Sie da.”

Von den insgesamt vier Arzthelferinnen wurde die Angestellte P., welche bis dahin im Wesentlichen im Empfang tätig war und den Personalcomputer bediente, vom Beklagten unter Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages weiterbeschäftigt. Den übrigen Angestellten wurde mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis bestehe mit Frau Dr. L. und damit der Gemeinschaftspraxis der Streitverkündeten fort. Dem Beklagten wurden unter anderem die im Keller des Praxisgebäudes befindliche Röntgenanlage, Teile der Einrichtung, Einbaumöbel sowie diverse medizinische Gegenstände belassen. Die bisherige Telefonnummer der Praxis wurde noch über einige Wochen beibehalten, die Angestellte P. weiterhin auch im Empfang beschäftigt.

Die Patientenunterlagen verblieben neben dem PC über mehrere Wochen in der Praxis, ein Teil wurde im Verlaufe des Monats Mai in die Praxisräume der Streitverkündeten verbracht. Auch der PC wurde dorthin geschafft.

Mit Schreiben vom 14.05.1999 kündigte der Beklagte das Anstellungsverhältnis vorsorglich zum 30.06.1999.

Hiergegen hat sich die Klägerin mit der am 28.04.1999 bei dem Arbeitsgericht Wesel eingegangenen Klage gewandt und die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten aufgrund Betriebsübergangs begehrt.

Sie hat hierzu die Auffassung vertreten, die Praxis der Dr. L. sei von dem Beklagten i.S. des § 613 a Abs. 1 BGB mit der Folge des Übergangs ihres Arbeitsverhältnisses übernommen worden, eine Praxisverlagerung der Dr. L. in die Gemeinschaftspraxis der Streitverkündeten habe in Wirklichkeit zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Die Kündigung vom 14.05.1999 sei allein wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen worden und damit gem. § 613 a Abs. 4 BGB rechtsunwirksam.

Die Klägerin hat beantragt

  1. festzustellen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten durch einen Betriebsübergang seit dem 01.04.1999 ein Arbeitsverhältnis besteht;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14.05.1999 nicht aufgelöst wird;
  3. für den Fall des Obsiegens mit dem vorstehenden Antrag zu Ziffer 2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin über den 30.06.1999 hinaus zu unveränderten Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat geltend gemacht, ein Betriebsübergang liege nicht vor. Frau Dr. L. habe ihre Praxis vielmehr durch Rechtsgeschäft an die Streitverkündeten zum 01.04.1999 übertragen. Er habe weder den Patientenstamm noch die sächlichen Mittel der Praxis übernommen.

Durch Urteil vom 06.10.1999, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Wesel die Klage auf Kosten der Klägerin abgewiesen und den Streitwert auf 10.632,54 DM festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt, dass die für die Wahrung des Betriebscharakters wesentlichen Betriebsmittel auf den Beklagten übergegangen seien.

Gegen das ihr am 06.11.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 06.12.1999 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Ber...

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