Entscheidungsstichwort (Thema)

Entzug der Gebrauchsüberlassung eines Firmenfahrzeugs. Entgeltfortzahlungszeitraum

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Teil der Arbeitsvergütung ist die Gebrauchsüberlassung zur privaten Nutzung eines Firmen-PKW nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber Arbeitsentgelt nach § 611 Abs. 1 BGB schuldet (im Anschluss an BAG 11.10.2000 – 5 AZR 240/99 – EzA § 14 MuSchG Nr. 15). Deshalb hat der Arbeitgeber an sich das Recht, dem Arbeitnehmer im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit mit dem Ende des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) den Firmen-Pkw entschädigungslos zu entziehen (so zuletzt auch LAG Baden-Württemberg 27.07.2009 – 15 Sa 25/09 – LAGE § 4 EFZG Nr. 7).

2. Der Arbeitgeber kann nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages bzw. einer hiervon losgelösten Vereinbarung verpflichtet sein, die Privatnutzung des Firmen-PKW über die sechswöchige Frist der Entgeltfortzahlung hinaus zu gestatten. Sofern sich der Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag vorbehalten hat, das Nutzungsrecht jederzeit aufzuheben oder einzuschränken, unterliegt dieser Vorbehalt der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB.

 

Normenkette

BGB § 305 ff; EFZG § 3 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 24.02.2010; Aktenzeichen 3 Ca 2305/09 lev)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 24.02.2010 – 3 Ca 2305/09 lev – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage auch hinsichtlich des in zweiter Instanz allein noch anhängigen Feststellungsantrags abgewiesen wird.

Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufungsinstanz.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den ihr seitens der Klägerin überlassenen Pkw der Marke Ford Focus, amtliches Kennzeichen K-TS 986, an diese nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit herauszugeben.

Die Beklagte ist seit dem 01.02.1997 als Außendienstmitarbeiterin bei der Klägerin in deren Niederlassung in M. beschäftigt. In der zwischen den Parteien getroffenen „Vereinbarung zur Überlassung eines Firmen-Pkw für Außendienstmitarbeiter” (künftig: Nutzungsvereinbarung) aus dem Jahre 1999 heißt es u. a.:

„1. Nutzung

Die B. GmbH stellt Ihnen einen Firmen-PKW gemäß der jeweils gültigen SOP zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung. Die B. GmbH behält sich vor, das Nutzungsrecht jederzeit aufzuheben oder einzuschränken. Wird das Arbeitsverhältnis gekündigt – egal von welcher Seite – entfällt per sofort das Nutzungsrecht.

2. Anschaffungspreis

Für die private Nutzung wird ein monatlicher Eigenanteil von Ihrem Gehalt einbehalten. Der Eigenanteil kann bei Bedarf erhöht werden.

3. Versteuerung

Der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung ist, vermindert um den Eigenanteil, von Ihnen nach den gesetzlichen Regelungen im Rahmen der Gehaltsabrechnung zu versteuern.

…”

Die private Nutzung des der Beklagten zur Verfügung gestellten Firmen-Pkw wird zu ihren Lasten mit 208,15 EUR monatlich besteuert. Für die private Nutzung behält die Klägerin, gestützt auf Nr. 2 Satz 1 der Nutzungsvereinbarung, von dem der Beklagten zustehenden Arbeitsentgelt 102,– EUR im Monat ein.

Die Beklagte war seit dem 16.04.2009 durchgehend arbeitsunfähig. Im April 2010 nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Während ihrer Arbeitsunfähigkeit nutzte die Beklagte den Firmen-Pkw der Marke Ford Focus weiter.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Solingen am 12.11.2009 eingereichten und der Beklagten am 20.11.2009 zugestellten Klage hat die Klägerin zunächst die Herausgabe des der Klägerin überlassenen Firmen-Pkw begehrt, da diese nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG zur Herausgabe des Fahrzeuges verpflichtet sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, den ihr überlassenen Firmen-Pkw der Marke Ford Focus, amtliches Kennzeichen K-TS 986, an sie herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, weiterhin zur Nutzung des Pkw berechtigt zu sein und verweist insoweit u. a. auf den von ihr zu leistenden Eigenanteil.

Mit seinem am 24.02.2010 verkündeten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Zwar müsse der Arbeitnehmer den ihm zur privaten Nutzung überlassenen Firmen-Pkw, der Bestandteil der Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung sei, nach Ablauf des sechswöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) an den Arbeitgeber herausgeben, da er dann kein Recht mehr zur Privatnutzung habe. Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer für die Überlassung des Firmen-Pkw zur Privatnutzung, wie die Beklagte mit ihrem Eigenanteil, zuzahle. Die vom Arbeitgeber eingeräumte Nutzungsmöglichkeit sei nämlich nur insoweit Arbeitsentgelt, als die Nutzung von ihm finanziert werde. Unerheblich sei, dass die Klä...

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