Leitsatz (amtlich)

1. Wird in einem Arbeitsvertrag mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß hierauf kein Recht besteht, pro Kalenderjahr eine Sonderzahlung als Weihnachtsgratifikation versprochen, ist der Arbeitgeber befugt, für jedes Jahr neu zu entscheiden, unter welchen näher bestimmten Voraussetzungen die Gratifikation gezahlt werden soll (im Anschluß an BAG vom 06.12.1995 – 10 AZR 198/95 – EzA § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr. 134).

2. Zahlt der Arbeitgeber auf dieser Vertragsgrundlage eine Weihnachtsgratifikation an seine Arbeitnehmer, nimmt aber hiervon eine in Erziehungsurlaub befindliche Arbeitnehmerin aus, weil er die Gratifikation irrtümlich als „arbeitsleistungsbezogene” Sonderzahlung ansieht, hat er hiermit für das Bezugsjahr nicht entschieden, daß an Mitarbeiter im Erziehungsurlaub keine Weihnachtsgratifikation zu gewähren ist.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 13.02.1996; Aktenzeichen 4 Ca 5/96)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – Gerichtstag Neuss – vom 13.02.1996 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Sonderzahlung für das Jahr 1995.

Die Klägerin ist seit dem 01.04.1990 bei der Beklagten als Buchhalterin beschäftigt. In der am 08.12.1989 abgeschlossenen „Anstellungsvereinbarung” heißt es in Ziff. 2:

„Bei guter Ertragslage erhalten Sie pro Kalenderjahr eine Sonderzuwendung, in der Regel in der Höhe von einem Monatsgehalt, und zwar als Weihnachtsgratifikation. Ein Recht auf diese Sonderzuwendung besteht nicht. Wir behalten uns vor, die Höhe jährlich neu festzusetzen.”

Die Klägerin wurde am 26.02.1995 von einem Kind entbunden. Im Anschluß an die 8wöchige Schutzfrist nach § 6 Abs. 1 S. 1 MuSchG nahm sie Ende April 1995 Erziehungsurlaub. Arbeitsleistungen erbrachte sie im gesamten Jahr 1995 nicht.

Im Gegensatz zu ihren übrigen Mitarbeitern, die im Arbeitsvertrag dieselbe Regelung hinsichtlich der Jahressonderzahlung wie die Klägerin haben, gewährte die Beklagte der Klägerin keine Sonderzahlung in Höhe eines 13. Gehalts. Diese Sonderzahlung verlangt die Klägerin, die zuletzt monatlich DM 4.100,– brutto verdiente, mit ihrer der Beklagten am 04.01.1996 zugestellten Klage.

Die Klägerin hat geltend gemacht:

Bei der ihr vertraglich als Weihnachtsgratifikation zugesagten Sonderzahlung handele es sich nicht um ein von einer tatsächlichen Arbeitsleistung abhängiges Entgelt, sondern um eine Belohnung auch für Betriebstreue. Die Beklagte habe nämlich anläßlich der jährlichen Auszahlung der Weihnachtsgratifikation jeweils im November alle Mitarbeiter eine Erklärung unterschreiben lassen, worin diese sich einverstanden erklärt hätten, die Gratifikation zurückzuzahlen, falls sie auf eigenen Wunsch vor dem 30. April des Folgejahres aus dem Unternehmen ausscheiden würden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 4.100,– brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01.12.1995 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Ausweislich der Formulierung in der Vereinbarung vom 08.12.1989 stehe der Klägerin die streitbefangene Sonderzuwendung ausschließlich „für ihre Tätigkeit” zu. Da sie somit allein von ihrer Arbeitsleistung abhänge, sie jedoch im Jahre 1995 keine erbracht habe, entfalle ein Anspruch auf die Sonderzahlung für 1995.

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Zeuginnen M. und S., auf deren protokollierte Aussagen verwiesen wird, mit seinem am 13.02.1996 verkündeten Urteil der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Bei der streitbefangenen Sonderzuwendung handele es sich nicht um ein rein „arbeitsleistungsbezogenes” Entgelt. Dies folge zum einen daraus, daß nach der Vereinbarung vom 08.12.1989 auf diese Sonderzahlung gerade kein Rechtsanspruch bestehen solle. Zum anderen ergebe sich dies daraus, daß die Beklagte, wie aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer feststehe, sich mit Ausnahme des Jahres 1994 von ihren Mitarbeitern jedes Jahr eine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall des Ausscheidens auf eigenen Wunsch vor dem 30.04. des Folgejahres habe unterschreiben lassen. Da somit die streitbefangene Sonderzuwendung nicht nur die tatsächlich erbrachte Leistung, sondern auch eine Betriebstreue für die Zukunft, die nur vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhänge, honorieren solle, könne die Klägerin gestützt auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz trotz fehlender Arbeitsleistung im Jahre 1995 die Sonderzuwendung für dieses Jahr in vollem Umfang beanspruchen.

Gegen das ihr am 29.02.1996 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – Gerichtstag Neuss –, hat die Beklagte mit einem beim Landesarbeitsgericht am 04.03.1996 eingereichten Schriftsatz Berufung eingelegt, soweit sie über einen Betrag in Höhe von DM 1.280,55 brutto hinaus erstinstanzlich verurteilt worden ist. Die Berufung hat sie mit einem am 18.03.1996 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz...

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