Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz in einem Privathaushalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Privathaushalt stellt unabhängig von der Anzahl der dort beschäftigten Arbeitnehmer keinen Betrieb im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG dar.

2. Die Herausnahme der Beschäftigten in Privathaushalten aus dem allgemeinen Schutz des KSchG verletzt diese weder in ihrer Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG, noch stellt sie eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG dar.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1; KSchG § 23 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 17.12.2015; Aktenzeichen 1 Ca 2808/15)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 17.12.2015 - 1 Ca 2808/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung.

Die 58jährige, verheiratete Klägerin ist seit dem 15.03.2014 in Vollzeittätigkeit bei dem Beklagten gegen eine Vergütung in Höhe von zuletzt 2.500,00 € brutto beschäftigt. Sie ist als Servicekraft in dem Privathaushalt des Beklagten, in welchem dieser mit seiner Familie lebt, tätig. Insgesamt beschäftigt der Beklagte in seinem Haushalt dauerhaft ca. 15 Arbeitnehmer, darunter eine Hausdame, zwei Mitarbeiterinnen im Housekeeping, eine Mitarbeiterin für die Wäsche, einen Fahrer, einen Koch, drei Gärtner, eine Nanny sowie insgesamt fünf Mitarbeiterinnen im Service.

Zu den Aufgaben der Klägerin gehörten die Bedienung der Familienmitglieder des Beklagten bei Mahlzeiten, das Backen von Kuchen, die Zubereitung von Mahlzeiten bei Abwesenheit des Kochs, die Durchführung von Bestellungen für die Küche, die Durchführung von Reinigungsarbeiten in der Arbeitsküche, dem Aufenthaltsraum der Mitarbeiter und anderen Räumen, wie dem Wohnzimmer, der Bibliothek, dem Esszimmer mit Showküche, den Gästetoiletten, der Empfangshalle und den Treppen. Sie war weiter befasst mit dem Waschen von Handtüchern (Küchenhandtücher, Gästehandtücher, Frotteetücher) und der Bekleidung der Mitarbeiter sowie mit Bügeltätigkeiten.

Die Klägerin war ausschließlich in den Räumen des Erd- und Untergeschosses tätig. Dabei hat sie an fünf Tagen täglich acht Stunden mit einer Pause von 30 Minuten im Wechsel in Früh- und Spätschicht sowie alle 14 Tage am Wochenende gearbeitet.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28.09.2015, der Klägerin übergeben am 29.09.2015, zum 31.10.2015.

Gegen die Wirksamkeit der Kündigung hat sich die Klägerin mit ihrer am 15.10.2015 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Klage gewandt.

Sie hat die Auffassung vertreten, auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sei das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Aus den Arbeitsabläufen ergäbe sich eine Vergleichbarkeit mit einer Servicekraft in einem Restaurant bzw. einer Reinigungskraft in einem Büro. Wenn Privathaushalte nach straffen arbeitsrechtlichen Regeln organisiert seien und dort mehr als zehn vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer beschäftigt seien, sei die Grenze des Eigenbedarfs überschritten. Eine wirtschaftliche Bedeutung müsse ein Betrieb nicht haben. Der Ausschluss von Arbeitnehmern eines Privathaushaltes aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes verletze Art. 3 GG.

Eine soziale Rechtfertigung der Kündigung liege nicht vor.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 28.09.2015 - zugestellt am 29.09.2015 - nicht aufgelöst wird.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, das Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung, weil der Familienhaushalt keinen Betrieb im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG darstelle.

Mit Urteil vom 17.12.2015 hat das Arbeitsgericht Essen die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung bedürfe keiner sozialen Rechtfertigung. Das Kündigungsschutzgesetz finde auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung, da der Familienhaushalt, der nur der Befriedigung privater Bedürfnisse dient, keinen Betrieb in diesem Sinne darstelle. Dies gelte unabhängig davon, wie viele Arbeitnehmer dort beschäftigt seien. Dass der Beklagte mit den in seinem Haushalt Beschäftigten nicht ausschließlich private Bedürfnisse befriedige, habe die Klägerin nicht substantiiert behauptet.

Sie sei mit einer Servicekraft in einem Restaurant nicht vergleichbar, da dort die Bewirtung von (zahlenden) Gästen der Unternehmenszweck sei. Das Kündigungsschutzgesetz grenze den Geltungsbereich des Art. 3 Abs. 1 GG ein, sodass auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vorliege.

Gegen das ihm am 28.12.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 26.01.2016 Berufung eingelegt und diese am 28.02.2016 begründet.

Sie ist nach wie vor der Auffassung, ein Privathaushalt könne auch ein Betrieb im Sinne der §§ 1, 23 KSchG sein. Die von der Rechtsprechung und der herrschenden Auffassung in der Literatur vorgeno...

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