Verfahrensgang

ArbG Wesel (Urteil vom 05.07.1996; Aktenzeichen 3 Ca 179/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.04.1998; Aktenzeichen 9 AZR 164/97)

 

Tenor

Unter teilweiser Abänderung desUrteils des Arbeitsgerichts Wesel vom05.07.1996 wird die Klage in Höhe von DM 708,66 abgewiesen. Im übrigen werden die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 17/18 und die Beklagte zu 1/18.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung, einer vorausgegangenen Abmahnung und über die Ansprüche des Klägers auf tarifliches Urlaubsgeld und 13. Monatseinkommen.

Der Kläger war seit dem 18.10.1994 bei der Beklagten tätig, die ein Bauunternehmen mit regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmern betreibt. Er war wegen eines Rückenleidens drei Monate krankgeschrieben. Die Arbeitsunfähigkeit endete am 06.10.1995.

Am Samstag, dem 07.10.1995, riß sich der Kläger – nach seinen Angaben – bei Bauarbeiten am Haus seines Vaters einen Zehnagel ab. Am Montag, dem 09.10.1995, nahm er zunächst die Arbeit bei der Beklagten auf. Im Laufe des Tages verließ er dann die Arbeitsstelle. Am 16.10.1995 überbrachte ihm der Bauleiter der Beklagten M. eine auf den 13.10.1995 datierte schriftliche Abmahnung, in der die Beklagte einen fehlenden Entschuldigungsgrund und eine fehlende Krankmeldung beanstandete und die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses androhte. Der Kläger zeigte – nach seiner Behauptung – dem Bauleiter die verheilende Wunde und erklärte ihm, daß er sich absichtlich nicht habe krankschreiben lassen, um der Beklagten nicht durch Lohnfortzahlung zur Last zu fallen. Der Bauleiter habe ihm, dem Kläger, gleichwohl bedeutet, daß er fristlos gekündigt werde, wenn er am nächsten Tag nicht zur Arbeit erscheine. Wenn er sich – was ja wohl berechtigt sei und wofür er Verständnis habe – einen Krankenschein hole und arbeitsunfähig sei, dann werde er eben danach durch die Beklagte gekündigt werden.

In der Folgezeit nahm der Kläger weder die Arbeit auf, noch ließ er sich ärztlich krankschreiben. Daraufhin sprach die Beklagte mit Schreiben vom 18.10.1995, das am 20.10.1995 dem Kläger zuging, die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

Am 15.01.1996 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Wesel Kündigungsschutzklage eingereicht, weiterhin die ersatzlose Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten sowie die Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes – DM 1.723,68 brutto – und des 13. Monatseinkommens – DM 4.494,– – verlangt.

Durch Urteil vom 05.06.1996 hat das Arbeitsgericht der Klage auf Zahlung des Urlaubsgeldes stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greifen beide Parteien unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das Urteil an.

Die Beklagte hält ihrer Verurteilung zur Zahlung von Urlaubsgeld entgegen, daß der Kläger als Urlaubsgeld DM 708,66 brutto erhalten habe. Im übrigen sei sein Anspruch gemäß § 16 BRTV-Bau verfallen. Die gegenteilige, mit § 8 TVG begründete Auffassung des Arbeitsgerichtes stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte will die Klage insgesamt abgewiesen wissen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer unter Hinweis auf einen wenige Tage zuvor erhaltenen Scheck, mit dem der in der Lohnabrechnung für Oktober 1995 ausgewiesene Nettobetrag bezahlt wurde (Bl. 76 d. A.), die Klage in Höhe von DM 708,66 nicht weiterverfolgt. Er beantragt die Zurückweisung der Berufung der Beklagten und verfolgt seinerseits die vom Arbeitsgericht zurückgewiesenen Klageanträge weiter.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den von den Parteien vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel ist unbegründet. Gleiches gilt im wesentlichen auch für die Berufung der Beklagten; insoweit war allerdings in Höhe des Teilbetrages von 708,66 DM brutto, den der Kläger unstreitig im Jahre 1995 und dann – per Scheck – Ende August 1996 erhalten hatte, unter Abänderung des Urteils der zuerkannte Urlaubsgeldanspruch zu reduzieren.

1. Die streitbefangene Kündigung ist rechtswirksam und hat das Arbeitsverhältnis zum 20.10.1995 aufgelöst.

a) Da der Kläger die Kündigung nicht innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist (§ 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) angegriffen hat, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam. Es kann daher nicht mehr zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden, ob für die Kündigung ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 BGB vorgelegen hat oder nicht.

b) Soweit der Kläger die Nichtigkeit der Kündigung gemäß § 612 a BGB, § 138 BGB und § 242 BGB geltend macht, spricht bereits viel dafür, daß er sein Klagerecht verwirkt hat. Indem er die Klage knapp drei Monate nach Kündigungszugang einreichte, ist das für den Verwirkungstatbestand erforderliche Zeitmoment gegeben....

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