Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobe Nachlässigkeit durch Nichtangaben und Nichtvorlage von Unterlagen im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren. Keine Berücksichtigung von Unterlagen nach Fristablauf

 

Leitsatz (amtlich)

Auch im Nachprüfungsverfahren der Prozesskostenhilfe werden nach Fristablauf im Beschwerdeverfahren nachgereichte Unterlagen nicht berücksichtigt, § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO, § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO

 

Normenkette

ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 2, § 118 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.11.2018; Aktenzeichen 15 Ca 5147/17)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 08.12.2020; Aktenzeichen 9 AZB 59/20)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.11.2018 - 15 Ca 5147/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Mit der angefochtenen Entscheidung, die am 26.11.2018 zugestellt wurde und gegen die am 21.12.2018 sofortige Beschwerde eingelegt wurde, hob das Arbeitsgericht die ursprünglich bewilligte Prozesskostenhilfe im Nachprüfungsverfahren auf, da die Partei keine bzw. keine hinreichenden Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht hatte.

Das Nachprüfungsverfahren wurde durch Schreiben vom 25.06.2018 eingeleitet in dem die Partei mit Fristsetzung aufgefordert wurde unter Verwendung des Vordrucks der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse diese unter Vorlage von Belegen darzulegen. Die Partei wurde am 01.08.2018 unter Setzung einer weiteren Frist an die Erledigung des Schreibens erinnert. Eingänge waren bis zum Beschluss des Arbeitsgerichtes nicht zu verzeichnen.

Erst mit der sofortigen Beschwerde überreichte die Partei Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen.

Über die sofortige Beschwerde entschied die Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichtes am 14.01.2019 und wies diese kostenpflichtig zurück. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Mit der Verfassungsbeschwerde - 1 BvR 427/19 - wandte sich der Kläger gegen die Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidung der Beschwerdekammer auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung zurück, da die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hatte und eine Divergenz zwischen der Entscheidung der Beschwerdekammer und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 18.11.2003 (5 AZB 46/03, juris) gegeben sei.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO und war nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes erneut zu entscheiden.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 i. V. m. § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO durch den angefochtenen Beschluss aufgehoben.

Grundsätzlich obliegt es der Partei im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren entsprechend der §§ 117 Abs. 2, 118 Abs. 2 S. 4 ZPO mitzuwirken und nach Kräften zur Sachaufklärung beizutragen. Insbesondere gehört hierzu, dass sie alle für das Prozesskostenhilfebegehren erheblichen Tatsachen vorträgt und die entsprechenden Belege beifügt bzw. den gerichtlichen Aufforderungen alsbald nachkommt. Unvollständigkeiten und Widersprüche gehen zu ihren Lasten (statt vieler: Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl. 2016 § 118 Rz. 17, 17 a m. w. N, Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, 8. Auflage, Rz. 213, LAG Düsseldorf - 3 Ta 33/13 - v. 24.01.2013). Dieser Verpflichtung ist die Partei trotz zugestellter Aufforderung und Erinnerung nicht nachgekommen, sodass die Prozesskostenhilfe gem. § 124 Abs. 1 Nr. 2 Alt.2 i. V. m. § 120a Abs.1 Satz 3 ZPO aufzuheben war.

Die unterbliebenen Angaben beruhen auch auf grober Nachlässigkeit i.S. des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

Aus welchem Grunde es der Partei nicht möglich gewesen wäre, sich auf die gerichtlichen Aufforderungen im Rahmen der gesetzten Fristen zu erklären und ihre Angaben glaubhaft zu machen, ist nicht dargetan und war auch ansonsten dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.

Die mit der sofortigen Beschwerde beigebrachten Unterlagen waren nicht zu berücksichtigen.

Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind zwar gemäß § 571 Abs. 2 ZPO grundsätzlich im Beschwerdeverfahren auch insoweit möglich, als sie auf neuem tatsächlichem Vorbringen beruhen. Anderes gilt lediglich, soweit eine Verletzung der Mitwirkungspflicht innerhalb gesetzter Frist i.S. des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO vorliegt, da es sich hierbei um eine spezielle gesetzliche Regelung handelt, die der allgemeinen Bestimmung des § 571 Abs. 2 ZPO vorgeht (vgl. BAG, Beschluss v. 03.12.2003 - 2 AZB 19/03 -, MDR 2004, 415; ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammer, vgl. Beschluss v. 11.05.2007 - 3 Ta 250/07 -, LAG Düsseldorf 3 Ta 27/13).

Dieser Grundsatz gilt auch im Nachprüfungsverfahren, soweit, wie hier, der Partei Fristen zur Nachreichung und Vorlage entsprechender Unterlagen gesetzt wurden. Dies ergibt sich zumindest seit 2014 aus § 120a Abs. 4 Satz 2 ZPO, der § 118 Abs. 2 ZPO auch im ...

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