Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

Verstöße des Betriebsrats gegen die Verpflichtungen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG begründen keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat (entsprechende Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des BAG, Beschluss vom 17.03.2010 – 7 ABR 95/08 – AP Nr. 12 zu § 74 BetrVG 1972).

 

Normenkette

BetrVG §§ 74, 23

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Beschluss vom 02.12.2009; Aktenzeichen 4 BV 40/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel – Gerichtstag Moers – vom 02.12.2009 – Aktenzeichen: – 4 BV 40/09 – teilweise abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, dass der Betriebsrat zu folgenden Handlungen nicht berechtigt war:

    1. Veröffentlichung der BR-aktuell Nr. 131 (Anlage AS 1 zur Antragsschrift) im Betrieb, d.h. die Mitteilung an die Belegschaft über die Durchführung einer Urabstimmung bei c.* oder Mitteilung, der Betriebsrat könne bei Fragen und Informationsbedarf zum Thema Urabstimmung angesprochen werden;
    2. Veröffentlichung der BR-aktuell Nr. 136 (Anlage AS III zur Antragsschrift) im Betrieb, d.h. Danksagung an die Belegschaft wegen deren Unterstützung des ver.di Streiks.
  2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
  3. Die Rechtsbeschwerde wird für die Antragstellerin und den Betriebsrat zugelassen.
 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über Unterlassungsansprüche und die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Erklärungen des Betriebsrats.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) beschäftigt in der Zentrale in T. ca. 690 Mitarbeiter, von denen ca. 200 im Bereich der Logistik beschäftigt sind. Der Beteiligte zu 2. ist der bei der Arbeitgeberin bestehende Betriebsrat. Die Beteiligten zu 3.-15. sind die Mitglieder des Betriebsrats.

Mit Schreiben vom 30.03.2009 kündigte die Arbeitgeberin die Betriebsvereinbarung Nr. 124 „Leistungsbezogener Umsatzgruppenprämie” mit Wirkung zum 30.06.2009. Der von der Arbeitgeberin erstrebte Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung über eine Leistungsprämie im Bereich Logistik wurde mit dem Betriebsrat streitig verhandelt und inzwischen eine neue Betriebsvereinbarung abgeschlossen.

Die Arbeitgeberin ist tarifgebundenes Mitglied des Arbeitgeberverbandes Großhandel-Außenhandel-Dienstleistungen Niederrhein e.V. Krefeld. Die Tarifvertragsparteien des Groß- und Außenhandels befanden sich 2009 in einem Arbeitskampf über den Abschluss eines neuen Entgelttarifvertrages für das Verbandsgebiet. Vom 09.-11.07.2009 wurde die Arbeitgeberin als einziger Betrieb im gesamten Tarifgebiet bestreikt.

Im Rundbrief „BR-Aktuell Nr. 131” vom 17.06.2009 (Bl. 340 d.A.), der am Folgetag an diversen Stellen im Betrieb T. öffentlich ausgehängt und per E-Mail an Mitarbeiter des Betriebes versandt wurde, berichtete der Betriebsrat über die bevorstehende Urabstimmung der Gewerkschaft ver.di vom 26.06.2009 und beendete das Schreiben mit:

„P.S.: Solltet Ihr noch Fragen und Informationsbedarf haben, ruft uns einfach an. Vieles lässt sich so schnell klären”.

Per E-Mail vom 29.06.2009 10.57 Uhr (Bl. 344 d.A.) berichtete der Betriebsrat allen Belegschaftsmitglieder über das Ergebnis der gewerkschaftlichen Urabstimmung und wies darauf hin, dass

„auf der heutigen Betriebsversammlung auch ein Vertreter von ver.di einen Part übernehmen wird und es möglicherweise hierzu weitere Informationen geben könnte.”

Im Rundbrief „BR-Aktuell Nr. 136” vom 14.07.2009 (Bl. 347 ff d.A.)) schrieb der Betriebsrat u.a:

„Zunächst einmal möchten wir Euch im Namen der Gewerkschaft ver.di über die rege Teilnahme am Streik und der daraus resultierenden Unterstützung bei den Tarifverhandlungen in der vergangenen Woche danken.

Nach Rücksprache mit unserem ver.di Betreuungssekretär N. Q. können wir Euch folgende aktuelle Fakten liefern…

Allerdings konnte eine so rege Teilnahme, sowohl bei der Urabstimmung als auch bei der eigentlichen Streikaktionen, nur erzielt werden, weil die Geschäftsführung es in den letzten Wochen durch ihre Verhandlungsstrategie geschafft hat, die betroffenen Kollegen so zu demotivieren und in die Ecke zu treiben, dass den betroffenen Kollegen keine andere Möglichkeit blieb, sich selbst zu organisieren und ihren Unmut kundzutun.”

Mit Schreiben vom 15.07.2009 (Bl. 349 ff d.A,) warf die Arbeitgeberin dem Betriebsrat ein Verstoß gegen die Friedenspflicht im Zusammenhang mit dem Arbeitskampf vor und verlangte die Unterlassung solcher Maßnahmen.

Mit Schreiben vom 17.07.2009 (Bl. 352 ff d. A.) brach der Betriebsrat die Verhandlungen mit der Antragstellerin zu der Betriebsvereinbarung Nr. 124 ab.

Im Rundbrief „BR-Aktuell Nr. 137” vom 07.08. 2009 (Bl. 359 ff. d. A.) informierte der Betriebsrat die Belegschaft u.a. über das Verfahren vor dem Arbeitsgericht und die Vorwürfe der Arbeitgerberin gegen den Betriebsrat, den Streik aktiv zu unterstützen.

Am 13.08.2009 (Bl. 359 d.A.) berichtete die RP Online über die Beendigung der Arbeitskampfmaßnahmen bei der Antragstellerin, dass a...

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