Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortgeltung einer Betriebsvereinbarung bei Ausscheiden eines Unternehmens aus dem Konzernverbund. Fortgeltung von Ansprüchen in der betrieblichen Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Scheidet ein Unternehmen im Wege einer Anteilsübertragung (sog. Share-Deal) aus einem Konzernverbund aus, so gilt eine Konzernbetriebsvereinbarung in diesem Unternehmen in der Regel als Gesamt- oder Einzelbetriebsvereinbarung weiter.

2. Die Weitergeltung einer Konzernbetriebsvereinbarung, die Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung betrifft, scheitert nicht daran, dass deren Durchführung einer konzerneigenen Unterstützungskasse übertragen wurde. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung nicht unmittelbar über ihn erfolgt. Die Erfüllung dieser Verpflichtung ist einem Unternehmen auch dann möglich, wenn es nicht mehr Mitglied einer konzerneigenen Unterstützungskasse ist.

3. Geht zu einem späteren Zeitpunkt ein Betriebsteil auf einen Erwerber über, so gilt die im ursprünglichen Betrieb als Einzelbetriebsvereinbarung fortwirkende Konzernbetriebsvereinbarung auch beim Erwerber normativ fort.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1; BGB § 613 a; BetrVG § 58 Abs. 1; BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Entscheidung vom 19.12.2017; Aktenzeichen 3 BV 1/17)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.02.2020; Aktenzeichen 1 ABR 39/18)

 

Tenor

  • I.

    Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Solingen vom 19.12.2017 - 3 BV 1/17 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Betriebsparteien streiten darüber, ob im Betrieb eine Konzernbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung für diejenigen Mitarbeiter zur Anwendung kommt, die erst nach dem 01.05.2001 eingestellt worden sind.

Antragsteller und Beteiligter zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) - der Arbeitgeberin - errichtete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin stellt Aluminiumgussräder her.

Die Aluminiumgussräderherstellung war ursprünglich ein Produktionszweig der N. L. AG, die wiederum zum N. Konzern gehörte.

Am 24.03.1988 schlossen der Konzernbetriebsrat und die N. AG als Muttergesellschaft die Konzernbetriebsvereinbarung "N.-Leistungsordnung für die betriebliche Altersversorgung" (im nachfolgenden M-LO).

In der M-LO heißt es auszugsweise:

"§ 1

Geltungsbereich

Die Bestimmungen dieser Leistungsordnung gelten für alle Belegschaftsmitglieder, die beim Eintritt des Rentenfalles im Arbeitsverhältnis zu einem N.-Unternehmen, für das diese Leistungsordnung gilt, gestanden oder eine unverfallbare Anwartschaft erworben haben und weder knappschaftlich versichert noch beim Essener oder Bochumer Verband angemeldet sind.....

§ 4

Anrechnungsfähige Dienstzeit

(1) Anrechnungsfähig sind Dienstjahre, während deren das Belegschaftsmitglied zwischen der Vollendung des 18. und des 65. Lebensjahres in einem Arbeitsverhältnis zu einer der Gesellschaften, für die diese Leistungsordnung gilt, gestanden hat und nicht knappschaftlich versichert war.

Unter den gleichen Voraussetzungen sind anrechnungsfähig auch die mit Zustimmung des Vorstandes der N. AG gleichgestellten Dienstjahre...

(4) Sofern sich aus gesetzlichen Vorschriften nichts anderes ergibt, findet bei Unterbrechung der Dienstzeit aus anderen Gründen keine Anrechnung statt.

Eine solche Unterbrechung liegt auch vor, wenn das Belegschaftsmitglied in eine Gesellschaft eingetreten ist, für welche die N.-Leistungsordnung im Zeitpunkt des Eintritts noch nicht gegolten hat; Ziffer (1) Satz 2 bleibt unberührt....

(6) Die Vereinbarungen nach Ziffern (4) und (5) trifft die Geschäftsleitung der Gesellschaft, bei der das Belegschaftsmitglied tätig ist oder werden soll, im Einvernehmen mit der Geschäftsführung der N. Unterstützungskasse GmbH...

§ 5

Rentenfähiges Einkommen

(1) Das rentenfähige Einkommen errechnet sich aus dem durchschnittlichen laufenden monatlichen Brutto-Einkommen der letzten 24 voll entlohnten Monate des Zeitraumes, der für die Ermittlung des Durchschnittseinkommens aller Belegschaftsmitglieder gemäß § 6 Ziffer (4) gilt.....

§ 6

Bemessung der Rente

...

(3) Das Durchschnittseinkommen wird ermittelt aus dem rentenfähigen Einkommen aller Beschäftigten der Gesellschaften, für die die N.-Leistungsordnung gilt, jedoch mit Ausnahme der Auszubildenden, Praktikanten, Aushilfen, Ferienarbeiter oder sonstiger Beschäftigter in befristeten Arbeitsverhältnissen sowie der Belegschaftsmitglieder, für die die N.-Leistungsordnung nicht gilt. ....

(7) In einzelnen besonderen Härtefällen kann die Geschäftsführung der N. Unterstützungskasse GmbH nach Abstimmung mit der Geschäftsleitung der Gesellschaft, zu der das Belegschaftsmitglied zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat, eine günstigere Regelung treffen.

§ 7

Zukünftige Veränderungen des Meßbetrages

Der Vorstand der N. AG wird den Meßbetrag alle fünf Jahre daraufhin überprüfen, ob eine Anhebung...

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