Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung der Tarifzuständigkeit konkurrierender Gewerkschaften

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beteiligten stritten darüber, ob für den von der Beteiligten zu 2) in Neuss betriebenen Betrieb, in dem aus anderen Betrieben der Beteiligten zu 2) angelieferte Kartons zu Steigen für Gemüse, Joghurtbecher und andere Verpackungen verarbeitet werden, ausschließlich die IG-Medien oder die IG-Chemie tarifzuständig ist.

1. Die Frage der Tarifzuständigkeit einer Gewerkschaft richtet sich ausschließlich nach ihrer Satzung. Daher können mehrere Gewerkschaften für einen Betrieb tarifzuständig sein.

2. Auch für einen Firmentarifvertrag richtet sich die Tarifzuständigkeit nach der Satzung der jeweiligen Gewerkschaften. Der überwiegende Unternehmensgegenstand des Arbeitgebers spielt dabei keine Rolle (Abweichung von BAG 22.11.1988 – 1 ABR 6/87 – ZA 1989, 561)

3. Für die Bestimmung der Tarifzuständigkeit ist auch gleichgültig, ob dadurch eine Tarifkonkurrenz entsteht, die möglicherweise nach dem Grundsatz der Tarifeinheit zu lösen ist.

 

Normenkette

GG Art. 9 Abs. 3; TVG § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 26.07.1995; Aktenzeichen 5 BV 8/95)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.11.1996; Aktenzeichen 1 ABR 33/96)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. und der Beteiligten zu 3. wird derBeschluß des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – 5 BV 8/95 – abgeändert und der Antrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 2. und 3. wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens herrscht Streit darüber, ob für den von der Beteiligten zu 2. in N. betriebenen Betrieb ausschließlich die Beteiligte zu 1., die IG Medien, Druck und Papier, Publizistik und Kunst oder die IG Chemie-Papier-Keramik, die Beteiligte zu 3., tarifzuständig ist.

Die Beteiligte zu 2. unterhält Betriebe in H. mit 820 Arbeitnehmern, O. mit 110 Arbeitnehmern, O. mit 510 Arbeitnehmern und einen Betrieb in N., in dem 180 Arbeitnehmer beschäftigt werden. In den Betrieben in H. und O. werden von der Beteiligten zu 2. Papiererzeugnisse produziert. In dem Betrieb O. werden Papiererzeugnisse verarbeitet. In dem N. Betrieb verarbeitet die Beteiligte zu 2. zu mehr als 90 % die aus anderen Betrieben des Unternehmens angelieferten Kartons. Es werden dort u.a. Steigen für Gemüse und Obst, Joghurtbecher, Verpackungen für Puddingpulver, für Waschpulver, für Seifen, für Kleber, usw. hergestellt.

Von den Beschäftigten der Beteiligten zu 2. in N. sind etwa 15 Mitarbeiter Mitglieder der IG Chemie-Papier-Keramik. Der Beteiligten zu 1., der IG Druck und Papier, Publizistik und Kunst gehören etwa 40 Arbeitnehmer an.

Die Beteiligte zu 2. möchte die Tarifverträge der IG Chemie-Papier-Keramik auf den Betrieb in N. anwenden. Bis zum 31.12.1994 gehörte die Beteiligte zu 2. mit ihrem N. Betrieb dem Arbeitgeberverband der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie an. Diesen Verband hat die Beteiligte zu 2. verlassen und ist ab dem 01.01.1995 Mitglied des Arbeitgeberverbandes der rheinisch-westfälischen papiererzeugenden Industrie e.V., Düsseldorf, geworden. Dieser Arbeitgeberverband ist Mitglied der Vereinigung der Arbeitgeberverbände der Deutschen Papierindustrie e.V., Düsseldorf, die mit der IG Chemie Papier-Keramik, der Beteiligten zu 3., Tarifverträge abgeschlossen hat, die von der Beteiligten zu 2. seit dem 01.01.1995 auf den Betrieb in N. angewendet werden.

Mit Schreiben vom 13.02.1995 wandte sich die Beteiligte zu 1. an die Beteiligte zu 2. und wies darauf hin, daß der N. Betrieb nach wie vor dem Geltungsbereich der bis zum 31.12.1994 angewendeten Tarifverträge der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie zuzurechnen sei. In dem Schreiben heißt es u.a. wie folgt:

„Aus gegebener Veranlassung haben wir uns mit der vertraglichen Sicherung der jeweils gültigen Verbandstarifverträge der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie für unsere Mitglieder im Zweigwerk N. Ihres Unternehmens beschäftigt. Da dieser Betrieb nicht dem zuständigen Arbeitgeberverband der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie angehört, möchten wir Ihnen vorschlagen, die weitere Anwendung der jeweils gültigen Verbandstarifverträge dieses Tarifbereiches durch einen Firmentarifvertrag rechtsverbindlich zu gewährleisten.

Nach den Bestimmungen des Tarifvertragsgesetzes und dem Betriebszweck des Zweigwerkes N. ist die Tarifzugehörigkeit eindeutig entsprechend dem Geltungsbereich der bisher angewendeten Tarifverträge der Papier. Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie zuzuordnen. Eine Mitgliedschaft Ihres Betriebes im „Arbeitgeberverband der rheinischwestfälischen papiererzeugenden Industrie e.V.” kann daran nichts ändern.

Beigefügt wird Ihnen den Entwurf eines Firmentarifvertrages, wie er von uns üblicherweise mit solchen Betrieben vereinbart wird, die keine Mitgliedschaft im zuständigen Arbeitgeberverband eingegangen sind....

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