Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Kündigung. Insolvenzverwalter. Stilllegung. Kaufmännische Abteilung. Zentraler Unternehmensbereich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Maßgeblich für die Feststellung eines Betriebsübergangs ist die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang der materiellen Betriebsmittel, deren Wert und Bedeutung für den Betrieb, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (Anschluss an BAG, Urteil v. 17.04.2003 – 8 AZR 253/02).

2. Arbeitnehmer die in zentralen Unternehmensbereichen tätig waren, gehen auf den Betriebsteilerwerber über, wenn ihre Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend den übergehenden Betriebsteilen zugute kam (Anschluss an LAG Köln, Urteil v. 02.03.2001 – 11 Sa 1386/00).

3. Die Tätigkeit des in der zentralen Unternehmensbereichen tätigen Arbeitnehmers kommt ausschließlich oder überwiegend den übergehenden Betriebsteilen zugute, wenn seine Beschäftigungsmöglichkeit im verbleibenden zentralen Unternehmensbereich des Veräußerers infolge des Betriebsübergangs entfällt (gegen BAG, Urteil v. 18.04.2002 – 8 AZR 346/01).

 

Normenkette

KSchG § 1; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 05.05.2004; Aktenzeichen 7 Ca 7626/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.08.2006; Aktenzeichen 8 AZR 556/05)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 05.05.2004 – Az.: 7 Ca 7626/02 – teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) durch die Kündigung des Beklagten zu 1) vom 29.10.2002 nicht aufgelöst worden ist.
  2. Es wird festgestellt, dass das mit der Fa. K. A. M. Bauunternehmung GmbH & Co. KG begründete Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2002 bei der Beklagten zu 2) fortbesteht.
  3. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, den Kläger ab dem 01.11.2002 als kaufmännischen Angestellten weiterzubeschäftigen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger bezogen auf den Beklagten zu 1) zur Hälfte, der Beklagte zu 1) bezogen auf den Kläger zur Hälfte.

Die Beklagte zu 2) trägt ihre eigenen Kosten und die des Klägers zu 4/10.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigungen sowie um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsüberganges auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.

Der am 13.06.1946 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 12.07.1998 als kaufmännischer Angestellter zuletzt in der Position des kaufmännischen Leiters bei der Firma K. A. M., Bauunternehmung GmbH & Co. KG, bei der ein Betriebsrat nicht gebildet war, beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen betrug EUR 6.230,80.

Über das Vermögen der K. A. M. Bauunternehmung GmbH & Co. KG wurde am 29.10.2002 das Insolvenzverfahren zum Aktenzeichen 40 IN 776/02 eröffnet und der Beklagte zu 1) als Insolvenzverwalter bestellt. Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung beschäftigte die Insolvenzschuldnerin 207 Arbeitnehmer. Mit Schreiben vom 29.10.2002 hat der Beklagte zu 1) in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter allen Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin, unter anderem auch dem Kläger, gekündigt.

Die Insolvenzschuldnerin war in folgenden Bereichen tätig:

  • Hoch- und Ingenieurbau,
  • Tiefbau,
  • Renovierung,
  • Schlüsselfertigbau u. Bauhof.

Ihre kaufmännische Verwaltung mit der Lohnbuchhaltung, der der Kläger als Leiter angehörte war für alle Bereiche der Insolvenzschuldnerin tätig; gleichzeitig übte sie die Verwaltung für die gesamte Firmengruppe K. aus (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 35 u. 36 sowie 37 u. 38 d. Akte Bezug genommen). In den übrigen Gesellschaften der Firmengruppe waren keine kaufmännischen Angestellten beschäftigt (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 37 d. Akte Bezug genommen).

Zu den Aufgaben der kaufmännischen Verwaltung gehörte Folgendes:

  • • Kontrolle der Zahlungseingänge und der Ein- und Ausgangsrechnungen für die gesamte K.-Gruppe
  • • Abwicklung des Zahlungsverkehres innerhalb der einzelnen Gesellschaften der K.-Gruppe
  • • Durchführung der Betriebsbuchhaltung für die gesamten Betriebe der K.-Gruppe
  • • Durchführung der Ergebnisrechnung und der Gemeinkostenplanung für sämtliche Gesellschaften der K.-Gruppe
  • • Abschluss und Verwaltung von Versicherungsverträgen für alle Gesellschaften der K.-Gruppe, dazu gehörte einmal jährlich der Neuabschluss dieser Verträge
  • • Einkauf von Baustoffen, Geräten und Büromaterial für alle Gesellschaften der K.-Gruppe
  • • Verwaltung des PKW-Fuhrparkes für die Gesellschaften der K.-Gruppe
  • • Erstellung der Umsatzsteuererklärungen und Vorbereitung der Bilanzen für alle Gesellschaften der K.-Gruppe
  • • Auswertung der Stundenzettel der Arbeitnehmer der einzelnen K.-Gesellschaften und Vorbereitung der Entgeltab...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge