Entscheidungsstichwort (Thema)

Besitzstandszulage. Befristete Beschäftigung. Ungleichbehandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 23 des Entgelttarifvertrags für Arbeiter der Deutschen Post AG vom 20.10.2000 (Tarifvertrag Nr 75d Dritter Teil) ist insoweit unwirksam, als er solche befristet beschäftigte Arbeitnehmer von der Zahlung von Besitzstandszulagen ausschließt, die sowohl am 31.12.2000 als auch am 01.01.2001 im befristeten Arbeitsverhältnis stehen. Die Regelung des § 23 ETV-Arb hat gegenüber dem Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 2 TzBfG keinen Bestand.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; Entgelttarifvertrag für Arbeiter der Deutschen Post AG v. 20.10.2000 (Tarifvertrag Nr 75d Dritter Teil); TzBfG § 4 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 20.02.2002; Aktenzeichen 9 Ca 9284/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.07.2004; Aktenzeichen 6 AZR 261/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Bremen vom20.02.2002 – Az.: 9 Ca 9284/01 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage macht der Kläger Ansprüche auf tarifliche Besitzstandszulagen geltend.

Der Kläger ist seit dem 03.05.1999 bei der Beklagten, Niederlassung Produktion Brief Bremen, als Verteiler mit 15 Wochenstunden zunächst auf der Grundlage befristeter Verträge beschäftigt. Ohne Unterbrechung arbeitet er seit dem 29.05.2000 bei der Beklagten. Das Arbeitsverhältnis war zuletzt bis zum 30.06.2001 durch den Arbeitsvertrag vom 25.04.2001 (Bl. 10 d. A.) befristet. Dieser Vertrag löste eine am 18.10.2000 vereinbarte Befristung bis zum 30.4.2001 ab. Seit dem 25.06.2001 besteht zwischen den Parteien aufgrund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.06.2001 (Bl. 9 d.A.) ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Arbeiter (MTV-Arb) TV Nr. 75 d Anwendung, welcher am 28.04.2000 abgeschlossen wurde. Mit dem TV Nr. 75 d Erster Teil wurden zum 31.12.2000 die Bestimmungen des Tarifvertrages für die Arbeiter der D. P. AG (TV Arb) außer Kraft gesetzt. Damit verbunden war eine deutliche Absenkung der Grundvergütung für ab dem 01.01.2001 eingestellte Arbeiterinnen und Arbeiter bei gleichzeitiger Einführung von Leistungslohnelementen.

Der Minderverdienst des Klägers betrug im Jahr 2001 EUR 1.408,54 gegenüber 2000 (vgl. die Aufstellung des Klägers Bl. 61 f d.A.)

Für diese Einkommensminderung sehen die §§ 23 ff ETV-Arb (Dritter Teil des TV Nr. 75 d) unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleich vor. § 23 ETV-Arb lautet:

㤠23

Geltungsbereich für § 24 und § 25

Für Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur D. P. AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.”

Die §§ 24 und 25 ETV-Arb normieren Ansprüche auf die Besitzstandszulagen „Lohn” (§ 24) und „Zuschläge” (§ 25) und verweisen jeweils auf Anlagen.

Zuvor hatten die Tarifvertragsparteien das sog. Petersberger Eckpunktepapier vom 21.03.2000 vereinbart, in dem u.a. festgelegt wurde, dass bis zum 31.12.2003 keine Fremdvergabe von Zustellbezirken durch die Beklagte erfolgte, der Fremdbetrieb von Paketzustellbezirken nach dem 31.12.2000 zum frühestmöglichen Zeitpunkt beendet wurde, bis zum 31.12.2004 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sein sollten und 1.200 befristet Beschäftigte in unbefristete Arbeitsverhältnisse übernommen werden sollten. In der Folgezeit nach der Unterzeichnung des sog. Petersberger Eckpunktepapiers traten die Beklagte und die D. P gewerkschaft zu einer Reihe von Tarifverhandlungen zusammen, die zum Abschluss der Tarifverträge Nr. 75 a, 75 b und 75 c, die u.a. Regelungen zur Arbeitszeit, zu Ruhetagen und zur Überzeitarbeit enthalten, führten. Ferner kam es zum Abschluss des Tarifvertrages Nr. 75 e, durch den im Wesentlichen der Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen für die Zeit bis zum 31.12.2004 geregelt wurde, des Tarifvertrags Nr. 75 f, der eine Reihe von Tarifverträgen änderte, sowie des Vertrags zum Ausschluss der Fremdvergabe von Zustellbezirken, in dem die Fremdvergabe von Zustellbezirken bis zum 31.12.2003 ausgeschlossen und die frühestmögliche Beendigung des Fremdbetriebs von Paketzustellbezirken für die Zeit nach dem 31.12.2000 angeordnet wurde.

Darüber hinaus vereinbarten die Beklagte und die D. P gewerkschaft unter dem 20.10.2000 den Tarifvertrag Nr. 75 d, dessen Zweiter Teil den Manteltarifvertrag für Arbeiter (MTV-Arb) und dessen Dritter Teil den Entgelttarifvertrag (ETV-Arb), jeweils mit Wirkung zum 01.01.2001 in Kraft setzte.

Im Hinblick darauf, dass sein Arbeitsverhältnis vor den in § 23 ETV-Arb genannten Stichtagen befristet war, erhielt der Kläger in der Folgezeit keine Besitzstandszulagen.

Die Beklagte erklärte in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Bremen, dass sie rechtskräftige Feststellungsurteile akzeptieren und entsprechend abrech...

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