Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 5 KSchG zu den Sorgfaltspflichten des Prozessbevollmächtigten bei der Übermittlung einer Kündigungsschutzklage per Fax

 

Leitsatz (amtlich)

Legt der Prozessbevollmächtigte einer Klägerin persönlich die Kündigungsschutzklage in das Faxgerät ein und wählt die Nummer des zuständigen Arbeitsgerichts, kontrolliert er sodann die Richtigkeit der Faxnummer im Display und erhält die Bestätigung des Zugangs des Schriftstücks auf dem Sendebericht durch den üblichen „OK”-Vermerk, so hat er seine nach § 5 KSchG erforderlichen Sorgfaltspflichten erfüllt. Es ist in diesem Fall nicht erforderlich, dass auch im Sendebericht noch einmal die Richtigkeit der gewählten Fax-Nummer überprüft wird, so dass die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte nicht bemerkt hat, dass statt der – richtigen – gewählten Nummer des Arbeitsgerichts „+494213615453” die durch einen technischen Fehler in der Telefonvermittlungszentrale der bremischen Verwaltung falsch zurück übermittelte Nr. „+494210995453” in dem Sendebericht vermerkt war, nicht zu einem nach § 5 KSchG der Klägerin anzulastenden Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten führt, wenn das Fax wegen eben dieses Fehlers nicht beim Arbeitsgericht eingeht.

 

Normenkette

KSchG § 5

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen-Bremerhaven (Beschluss vom 04.04.2007; Aktenzeichen 9 Ca 9094/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 04.04.2007 wird auf ihre Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung.

Die am 27.09.1972 geborene, nicht verheiratete Klägerin war seit dem 01.01.2005 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.01.2007, zugegangen am 29.01.2007, zum 28.02.2007 gekündigt. Mit Schriftsatz vom 16.02.2007, eingegangen im Original am 21.02.2007, hat die Klägerin Kündigungsschutzklage erhoben. Auf dem Schriftsatz ist vermerkt „vorab per Telefax 361-5453”; ein Telefax ist nicht zur Gerichtsakte gelangt.

Nach Klagezustellung am 26.02.2007 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 26.02.2007, eingegangen am 28.02.2007 und am 01.03.2007 an den klägerischen Prozessbevollmächtigten übersandt, darauf hingewiesen, dass die Klagefrist gemäß § 4 KSchG nicht eingehalten sei.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 06.03.2007, eingegangen im Original am 07.03.2007, nachträgliche Klagezulassung beantragt.

Sie hat in erster Instanz vorgetragen, sie habe erst am 05.03.2007 durch Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 26.02.2007 erfahren, dass die am 16.02.2007 vorab per Telefax übersandte Klage scheinbar nicht bei Gericht eingegangen sei.

Sie habe ihren Bevollmächtigten rechtzeitig vor Ablauf der Frist mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage beauftragt. Dieser habe am Vormittag des 16.02.2007 persönlich die Klage verfasst, ausgedruckt, kopiert und persönlich vorab per Telefax an das Arbeitsgericht übersandt. Der Bevollmächtigte habe dabei um 11:08 Uhr die unterschriebene Klage in sein Faxgerät eingelegt, die Nr. 3615453 in sein Faxgerät eingegeben, die gewählte Nummer noch einmal im Display des Gerätes überprüft und die Starttaste betätigt. Die Klageschrift sei eingezogen und gesendet worden. Davon habe sich der Bevollmächtigte persönlich überzeugt. Zum einen gebe das Gerät nach erfolgreicher Übermittlung einen so genannten positiven Quittungston ab, den der Bevollmächtigte deutlich vernommen habe. Zum anderen drucke es einen Sendebericht, den der Bevollmächtigte kontrolliert habe. Auch dort sei unter Ergebnis das Resultat OK angeführt, was ebenfalls nur bei einer erfolgreichen Übermittlung erscheine. Zwar werde auf dem Sendebericht nicht die gewählte Nummer 3615453 angezeigt, sondern die Nummer 0995453. Dies erfolge allerdings aus Gründen, die nicht im Bereich des Bevollmächtigten, sondern im Bereich des Gerichts lägen. Dies sei dem Bevollmächtigten auch aus anderen Verfahren bekannt und geschehe auch bei anderen Prozessbevollmächtigten, z.B. bei Herrn Rechtsanwalt E. (Einzelheiten Blatt 23 ff.). Aus dem Einzelverbindungsnachweis für den Monat Februar 2007 ergebe sich, dass am 16.02.2007 um 11:11 Uhr eine Verbindung zu der Nummer 0421 / 361-5453 stattgefunden habe (Einzelheiten Blatt 37).

Nach alledem habe der Klägervertreter davon ausgehen dürfen, dass er die Klageschrift per Telefax erfolgreich an das Gericht gesendet habe. Darüber hinaus unterhalte er ein Fach beim Bremischen Anwaltsverein, über das er an die Behördenpost angeschlossen sei. Er habe persönlich die Klageschrift im Original am Mittag des 16.02.2007, mithin drei Tage vor Fristablauf, dort dem Behördenpostkreislauf zugeführt. Er habe daher weiter davon ausgehen können, dass er zusätzlich auch auf diesem Wege die Frist würde waren können. Nach alledem treffe weder die Klägerin noch deren Bevollmächtigten irgendein Verschulden daran, dass die Klage nicht fristgerecht bei Gericht eingegangen ...

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