Leitsatz (amtlich)

1. Im Verfahren nach § 23 III BetrVG sind an die Bestimmtheit des Antrages geringere Anforderungen zu stellen als in einem Verfahren, in dem aufgrund des „allgemeinen Unterlassungsanspruchs” dem Arbeitgeber Handlungen untersagt werden sollen.

2. Im Verfahren nach § 23 III BetrVG können Arbeitgeber und Betriebsrat im Erkenntnisverfahren – 1. Stufe – einen Vergleich abschließen, der dann als Vollstreckungstitel für das Vollstreckungsverfahren nach § 23 III S. 2 BetrVG – 2. Stufe – dienen kann, sofern ein Verstoß gegen erzwingbare Mitbestimmungsrechte vom antragstellenden Betriebsrat behauptet wird.

§ 23 III 2 BetrVG und § 83 a I ArbGG stehen nicht entgegen.

3. Der nach § 23 III BetrVG abgeschlossene Vergleich hat auch dann einen vollstreckungsfähigen Inhalt, wenn die Anforderungen an die Konkretheit des Antrages – und damit der gerichtlichen Entscheidung – die der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellt hat (vgl. AP Nr. 4 zu § 23 BetrVG), nicht erfüllt sind.

Erforderlich ist lediglich, daß erkennbar ist, welche Tatsachen bzw. welche Verstöße gegen Rechte des Betriebsrats zu der Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nach § 23 III 2 BetrVG führen können.

4. In der zweiten Stufe des § 23 III BetrVG, dem Vollstreckungsverfahren, ist eine vergleichsweise Erledigung des Verfahrens unzulässig.

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Beschluss vom 21.07.1988; Aktenzeichen 8 BV 48/88)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Bremen vom 21. Juli 1988 – 8 BV 48/88 – wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin, die in Bremen ein Warenhaus betreibt, gebildete Betriebsrat.

Der Antragsteller möchte mit dem am 15. Juni 1988 beim Arbeitsgericht Bremen nach § 23 Abs. 3 BetrVG eingegangenen Antrag erreichen, daß der Antragsgegnerin aufgegeben wird, es zu unterlassen, ohne Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats Überstunden anzuordnen bzw. durchzuführen.

Bereits im Jahre 1986 hatte der Antragsteller unter dem Aktenzeichen 7 BV 30/86 des Arbeitsgerichts Bremen ein erstes Verfahren gegen die Antragsgegnerin gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG eingeleitet, das dasselbe Begehren wie im zu entscheidenden Fall zum Gegenstand hatte. Dieses Verfahren erledigte sich durch Rücknahme des Antrages, nachdem die Antragsgegnerin erklärt hatte, sie werde in Zukunft so verfahren, daß keine Verletzungen der Mitbestimmungsrechte des Antragstellers mehr erfolgen.

Im Jahre 1987 leitete der Antragsteller erneut ein Beschlußverfahren ein mit der Begründung, die Antragsgegnerin habe weiterhin Mehrarbeit durchgeführt, ohne den Antragsteller zuvor dem Betriebsverfassungsgesetz entsprechend zu beteiligen. In diesem Verfahren mit dem Aktenzeichen 5 BV 91/87 des Arbeitsgerichts Bremen hatte der Antragsteller beantragt, der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, Überstunden ohne Beteiligung des Antragstellers anzuordnen und der Antragsgegnerin anzudrohen, daß gegen sie für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von DM 20.000,– festgesetzt werde. Dieses Verfahren endete im Termin zur Anhörung der Parteien vom 20. November 1987 durch einen Vergleich mit folgendem Inhalt:

  1. Die Beteiligte zu 2) unterläßt es, Überstunden anzuordnen bzw. durchzuführen, soweit nicht zuvor die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates gewahrt sind.
  2. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß alsbald Verhandlungen zur Herbeiführung einer Überstundenregelung aufgenommen werden.

Die in Ziffer 2 dieses Vergleichs in Aussicht genommene Überstundenregelung ist bisher nicht zustande gekommen.

Zwischen den Beteiligten war im Termin zur Anhörung vor dem Arbeitsgericht Bremen in diesem Verfahren am 21.7.1988 streitig, wer dies zu vertreten habe.

Der Antragsteller hat behauptet, die Antragsgegnerin habe auch nach dem Abschluß des Vergleichs mehrfach ihre Verpflichtungen, Mehrarbeitsstunden vor Durchführung des im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Mitbestimmungsverfahrens anzuordnen und durchzuführen, verletzt.

Der Antragsteller hat beantragt,

der Antragsgegnerin zu verbieten, soweit nicht zuvor die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gewahrt sind,

  1. Überstunden ohne Beteiligung des Antragstellers gem. § 87 Abs. 1 BetrVG anzuordnen bzw. durchzuführen,
  2. den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage festzusetzen und der Antragsgegnerin anzudrohen, daß gegen sie für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtungen ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von DM 20.000,– festgesetzt werden kann.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, daß der in dem Verfahren 5 BV 91/87 des Arbeitsgerichts Bremen protokollierte Vergleich der nochmaligen Geltendmachung des Antrags im Beschlußverfahren entgegenstehe.

Sie hat behauptet, daß sie sich an das betriebsverfassungsrechtliche Gebot, den Betriebsrat...

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