Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessbeschäftigung. Befristung. Schriftform

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bietet der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits eine Beschäftigung an, so handelt es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis. Die Vereinbarung bedarf gem. § 14 Abs. 4 TzBfG der Schriftform.

2. Das – während des Kündigungsrechtsstreits befristet begründete – Arbeitsverhältnis wandelt sich im Fall der rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutzklage nicht rückwirkend in ein faktisches Arbeitsverhältnis um. Hat der Arbeitnehmer jedoch die Unwirksamkeit der Befristungsabrede rechtzeitig klageweise geltend gemacht und der Arbeitgeber nicht wenigstens vorsorglich gekündigt, besteht dieses Arbeitsverhältnis auch über den Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses des Kündigungsrechtsstreits fort.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 4, § 16 S. 1, § 17 S. 1, § 21

 

Verfahrensgang

ArbG Brandenburg (Urteil vom 18.04.2002; Aktenzeichen 4 Ca 333/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen 7 AZR 113/03)

 

Tenor

1. Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers dasUrteil des Arbeitsgerichts Brandenburg a.d.H. vom18.04.2002 – 4 Ca 333/02 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristung oder Eintritt einer auflösenden Bedingung beendet worden ist.

2. Die Kosten erster Instanz haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 5/8 und der Beklagte 3/8 zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nur noch über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Weiterbeschäftigung während des Kündigungsrechtsstreits.

Der Kläger war seit dem 01.12.1997 als Kfz.-Meister im Betrieb des Beklagten gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 1.866,22 EUR beschäftigt.

Wegen der beabsichtigten Schließung des Autohauses kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers – wie auch aller übrigen Arbeitnehmer – ordentlich zum 28.02.2002. Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 15.02.2002 beim Arbeitsgericht Brandenburg a.d.H. eingegangenen Klage gewandt. Nach der Güteverhandlung teilte der Beklagte dem Kläger mit dem Schreiben vom 19.03.2002 Folgendes mit:

„Sehr geehrter Arbeitnehmer,

ich erwarte Sie am 20.03.2002 um 8 Uhr zur Arbeit.

Bis zur rechtskräftigen Entscheidung Ihres Arbeitsrechtsverhältnisses benötige ich Sie zum Zwecke von Abwicklungsarbeiten.”

Dieser Aufforderung kam der Kläger nach. Er verrichtete Telefondienst, Lagerarbeiten und erledigte Reparaturarbeiten an auf dem Hof des Autohauses abgestellten und aufgrund eines Diebstahls beschädigten Fahrzeugen. Der Geschäftsbetrieb war bereits zum 28.02.2002 eingestellt.

Am 03.04.2002 richtete der Beklagte ein weiteres Schreiben an den Kläger mit folgendem Inhalt:

„Sehr geehrter Herr Hxxx,

im Rahmen der innerbetrieblichen Abwicklung hatte ich Sie im März für einige Arbeiten angefordert. Im schwebenden Arbeitsrechtsverfahren ist die Beendigungstermin des Arbeitsverhältnisses noch nicht entschieden. Die Beschäftigung von Ihnen zu den Abwicklungsarbeiten stellt kein Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses dar.

Der Hauptteil der Abwicklungsarbeiten ist nun erledigt.

Für den Monat April stelle ich Sie frei, die 35,5 h Mehrarbeitszeit vom Januar und Februar abzugelten.”

Der Kläger hat daraufhin seine Klage mit dem am 09.04.2002 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 08.04.2002 erweitert und – neben der Vergütung für die Monate Januar und Februar 2002 – die Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung wegen mangelnder Schriftform geltend gemacht sowie die Weiterbeschäftigung begehrt.

Das Arbeitsgericht hat durch das am 18.04.2002 verkündete Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 58 bis 60 d.A.), der Klage nur mit dem Zahlungsantrag stattgegeben – obgleich der Kläger in der Güteverhandlung den Erhalt der Vergütung für die beiden Monate eingeräumt und insoweit Klagerücknahme angekündigt hatte – und im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei aufgrund der Betriebsstilllegung sozial gerechtfertigt. Durch die Aufforderung zur Arbeitsleistung mit Schreiben vom 19.03.2002 sei kein neues Arbeitsverhältnis begründet, sondern das bisherige auflösend bedingt fortgesetzt worden, weshalb die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes nicht einschlägig seien.

Gegen dieses ihm am 10.06.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit dem am 25.06.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz teilweise Berufung eingelegt und diese am 11.07.2002 begründet.

Der Kläger, der sich nicht gegen die Abweisung seiner Kündigungsschutzklage wendet, vertritt die Auffassung, dass aufgrund der freiwilligen Weiterbeschäftigung ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, das wegen fehlender Schriftform der Befristungsabrede unbefristet fortbes...

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