Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Urteil vom 05.03.1996; Aktenzeichen 1 Ca 1443/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.07.1998; Aktenzeichen 6 AZR 205/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Cottbus vom05.03.1996 – 1 Ca 1443/95 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 06.07.1992 (TV SozSich) auch im Fall einer nach § 1 Abs. 2 KSchG erklärten betriebsbedingten Kündigung besteht.

Der Kläger war seit 1988 Bürgermeister der Gemeinde S., die zum 05.12.1993 in die beklagte Stadt aufgrund des 3. Gemeindegliederungsgesetzes eingegliedert wurde. Bereits zum 15.09.1993 wurde der Kläger von der Beklagten weiterbeschäftigt und mit Sachbearbeiteraufgaben im Zusammenhang mit der Abwicklung bzw. Überleitung der Verwaltung der Gemeinde S. betraut. In einem gerichtlichen Vergleich vom 13.06.1994 einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung vom 14.04.1994. In einem weiteren gerichtlichen Vergleich vom 05.03.1996 erzielten die Parteien Einigkeit darüber, daß das seit dem 01.12.1988 mit der Gemeinde bestehende Arbeitsverhältnis ab 05.12.1993 von der beklagten Stadt fortgeführt und von dieser betriebsbedingt wegen Abschlusses der Abwicklungsarbeiten gekündigt wurde.

Mit der vor dem Arbeitsgericht Cottbus erhobenen Klage hat der, Kläger eine Abfindung nach dem TV SozSich in Höhe von zuletzt 5.035,23 DM geltend gemacht. Auf Antrag des Klägers und im Einverständnis mit der beklagten Stadt hat das Arbeitsgericht eine Auskunft der Tarifvertragsparteien eingeholt. Sowohl die Gewerkschaften DAG und ÖTV als auch die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), deren Stellungnahme sich der Bundesminister des Innern und die Tarifgemeinschaft deutscher Ländern angeschlossen haben, teilten daraufhin mit, daß ein Abfindungsanspruch nach dem TV SozSich auch nach dem Auslaufen der Sonderkündigungstatbestände des Einigungsvertrages für betriebsbedingte Kündigungen bestehen sollte.

Durch das am 05.03.1996 verkündete Urteil, auf dessen Tatbestand wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 109 bis 113 d.A.), hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben, den Streitwert auf 5.035,23 festgesetzt und auf Antrag der Parteien die Sprungrevision zugelassen.

Gegen dieses ihr am 02.05.1996 zugestellte Urteil hat die beklagte Stadt mit dem am 31.05.1996 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 01.07.1996 (Montag) begründet.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, nach dem klaren Wortlaut des § 2 TV SozSich Setze ein Abfindungsanspruch eine Kündigung nach dem Einigungsvertrag voraus; deshalb sei auch die Einholung einer Tarifauskunft unzulässig gewesen, jedenfalls sei ein entgegenstehender Wille der Tarifvertragsparteien mangels ausdrücklicher schriftlicher Regelung im TV SozSich unbeachtlich.

Die beklagte Stadt beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 05.03.1996 – 1 Ca 1443/95 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung mit Rechtsausführungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze vom 26.06.1996 (Bl. 138 bis 141 d.A.) sowie vom 05.08.1996 (Bl. 153, 154 d.A.) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige Berufung der beklagten Stadt ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO. Der Zulässigkeit der Berufung steht auch nicht entgegen, daß das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil auf Antrag der Parteien die Sprungrevision gem. § 76 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zugelassen hat. Der unterlegenen Partei steht ein Wahlrecht zu zwischen Berufung und Revision (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 1995, § 76 Rdnrn. 8, 25), da erst die Einlegung der Revision einen Verzicht auf die Berufung darstellt, § 76 Abs. 5 ArbGG.

2. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung der – der Höhe nach unstreitigen – Abfindung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 TV SozSich zu, so daß das Arbeitsgericht der Klage zurecht stattgegeben hat.

Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, daß das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen nach § 1 Abs. 2 KSchG und nicht nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. Abs. 4 Ziff. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag (im folgenden Abs. 4 Ziff. 1 EV). Die Kammer schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an, auf die Bezug genommen wird (Bl. 113 bis 120 d.A.). Lediglich erg...

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