rechtskräftig: ja

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Urteil vom 13.12.1995; Aktenzeichen 6 Ca 2149/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.08.1997; Aktenzeichen 2 AZR 42/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 13.12.1995 – 6 Ca 2149/95 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen durch das beklagte Land.

Der 1953 geborene Kläger, der verheiratet ist und eine Tochter hat, schrieb und unterzeichnete 1972 während seines Grundwehrdienstes an der Grenze zu Niedersachsen an der Elbe in der Nationalen Volksarmee eine als „Verpflichtung” bezeichnet Erklärung, in der er sich verpflichtete, das Ministerium für Staatsicherheit (im folgenden MfS) in der Abwehrarbeit zu unterstützen, dem MfS alle Mängel, Mißstände, negative Erscheinungen, die ihm bekannt würden, mitzuteilen und die angefertigten Berichte aus Sicherheitsgründen mit dem Namen „Klaus M.” zu unterzeichnen.

Vom 18.12.1972 bis 22.04.1974 wurde der Kläger vom MfS als inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS) geführt. Der Kläger erstellte 14 handschriftliche Berichte, die er mit seinem Decknamen unterzeichnete. In den Unterlagen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) befinden sich darüber hinaus 9 Treffberichte des Führungsoffiziers sowie 3 Berichte des Führungsoffiziers nach Informationen des Klägers.

Die handschriftlichen Berichte des Klägers enthielten u.a. folgende Ausführungen:

„– Bericht vom 27.06.1973

Bisher konnte ich folgende Verstöße sowie Mängel und Mißstände im GD feststellen:

– Alkoholgenuß im …

Alkohol wurde über Küchenfrau … besorgt.

– Schlafen auf Posten.

Besonders Postenbereich … Schwerpunkt Gefr.

– Unterhaltung mit Mädchen …

Posten im Haus … bezieht Alkohol über Mädchen, meist Bier.

– Bericht vom 26.07.1973

Soldat … kam am 19.07. aus dem Urlaub zurück und erzählte mir im Grenzdienst, …, daß er in der BRD eine Tante hat, die unmittelbar ca. 10 bis 15 km gegenüber von … wohnt. Er brachte zum Ausdruck, so eine geringe Entfernung und doch unerreichbar.

– Berichte vom 09.10.1973

….

Mir wurde bekannt durch eigenen Beobachtung, daß die Kontrollstreifen nicht entsprechend ihres Befehls durchgeführt wurden. So z.B. am 28.08.73 war der … mit Soldat … eingesetzt, hielt sich aber ungefähr von 21.00 Uhr bis gegen 24.00 Uhr in der Gaststätte … auf …. Es wurde in der Gaststätte Alkohol getrunken.

– Bericht vom 13.11.73

… Ich hörte ein Gespräch zwischen Gefr… und Soldat … mit folgendem Inhalt … … drehte sich um und unterhielt sich mit einem anderen Sold., den ich nicht erkennen konnte. Ich konnte aus diesem Gespräch nur die Worte entnehmen „schließlich ist ja noch die Elbe in der Nähe”.

– Bericht vom 25.02.74

… Bei Aussprachen in Versammlungen spricht er betont pol. positiv und vermittelt anderen einen gefestigten Klassenstandpunkt, im Kollektiv dagegen verherrlicht er westliche Lebensweisen wie Schlagermusik und Unterhaltungssendungen des Westfernsehens.”

Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem aktiven Wehrdienst sah das MfS keine Perspektive mehr für eine weitere inoffizielle Nutzung. Mit Beschluß vom 22.04.1974 wurde der IM-Vorgang eingestellt.

Seit dem 01.09.1979 war der Kläger im Hochschuldienst, zunächst an der Pädagogischen Hochschule P. und anschließend beim beklagten Land an der Universität P. mit einer Bezahlung nach der Vergütungsgruppe I b BAT-O als wissenschaftlicher Oberassistent tätig.

Im Jahre 1991 beantwortete der Kläger in einem Personalfragebogen u.a. folgende Fragen:

  • „Sind Sie für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/für das Amt für Nationale Sicherheit oder für eine der Untergliederungen dieser Ämter oder vergleichbare Institutionen tätig gewesen oder ausgebildet worden?
  • Haben Sie eine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit einer der genannten Stellen unterschrieben?”

mit nein.

Mit Schreiben vom 18.04.1994 wurde der Kläger der Dauerstelle der Proffesur Sportmotorik/Sportpsychologie II zugeordnet.

Im Juli 1995 erhielt das beklagte Land den Bericht des BStU über den Kläger.

Am 10.08.1995 fand eine Beratung der Personalkommission für das wissentschaftliche, künstlerische und sonstige Personal der Universität P., bei der der Kläger angehört wurde, statt. Der Kläger erklärte, daß er während seiner Armeezeit keine Kontakte zum MfS gehabt habe. Es habe lediglich Gespräche mit einem Politoffizier gegeben aber auch an diesen habe er keine konkreten Informationen übermittelt. Er habe auch keine Berichte geschrieben. Auf Vorlage der Berichte gab er an, sich an Berichte und den Decknamen nicht erinnern zu können.

Mit Schreiben vom 04.09.1995, das dem Kläger am 07.09.1995 zuging, kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich (fristlos), hilfsweise ordentlich zum 31.03.1996. Als Kündigungsgründe nannte es eine Tätigkeit des...

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