Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung. Auflösungsantrag des bisherigen Arbeitgebers nach Betriebsübergang. kein eigenes Antragsrecht der dem Streit beigetretenen Betriebsübernehmerin

 

Leitsatz (amtlich)

außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung Auflösungsantrag des bisherigen Arbeitgebers nach Betriebsübergang; kein eigenes Antragsrecht der dem Streit beigetretenen Betriebsübernehmerin

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG §§ 1, 9; ZPO § 66 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 16.10.2003; Aktenzeichen 37 Ca 5954/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 8 AZR 246/04)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Oktober 2003 – 37 Ca 5954/03 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte und die Nebenintervenientin zu je 1/2 zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von drei der Klägerin gegenüber ausgesprochenen außerordentlichen hilfsweise ordentlichen Kündigungen sowie hilfsweise über einen von dem Beklagten und der Nebenintervenientin gestellten Auflösungsantrag.

Die am … 1953 geborene Klägerin ist seit dem 1. Juni 1999 in dem von dem Beklagten getragenen Berliner Krankenhaus B. L. tätig, seit dem 1. August 1999 als Oberärztin für Innere Medizin mit einer Bruttojahresvergütung von zuletzt 88.000,– EUR.

Chefarzt der Abteilung Innere Medizin ist Herr Dr. B., mit dem die Klägerin bereits in ihrer vorherigen Tätigkeit im Krankenhaus N. zusammengearbeitet hat und den sie daher seit ca. 16 Jahren kennt.

In der Abteilung Innere Medizin ist auch der Arzt Dr. W. aufgrund eines befristeten Vertrages tätig.

Mit Schreiben vom 25. April 2002, das den Vermerk „Vertraulich, Persönlich” trägt, wandte sich die Klägerin an das Mitglied des kündigungsberechtigten Vorstandes des Beklagten, Herrn Be..

In diesem Schreiben bat die Klägerin, die geplante Umwandlung des Arbeitsverhältnisses von Herrn Dr. W. in ein unbefristetes zu überdenken. In dem Schreiben heißt es u.a.:

„…Wir haben noch immer genug Kollegen i.S. von „Altlasten”, an die wir vertraglich fest gebunden sind (z.B. St., v. D., R., H., M.). Diese befinden sich zwar nicht mehr in offener Opposition, sind jedoch durch passiven Widerstand durchaus im Stande, den tgl. Ablauf zu erschweren.

Kollegen mit befristeten Arbeitsverträgen sind grundsätzlich wesentlich flexibler, einsatzbereiter und anspruchsloser. Dieser Umstand erklärt im übrigen auch den Einsatz des Kollegen W., den ich u.a. auch deshalb in seiner jetzigen Form noch für eine Weile erhalten möchte.

Minutiös jede Überstunde bzw. -minute notierende Mitarbeiter, hierüber verfügen wir überreichlich.

Wer einen festen Arbeitsvertrag erhält, sollte auch aus diesem Grund „handverlesen” sein.

Bevor wir uns arbeitsrechtlich fest an einen weiteren Mitarbeiter binden, sollte außerdem bedacht werden, dass V. demnächst genügend hochmotivierte bzw. dann sicherlich auch anspruchslosere und belastbarere Kollegen mit hervorragender Qualifikation freisetzen wird.

Im Speziellen sollte die feste vertragliche Bindung an Herrn W. zum jetzigen Zeitpunkt aus den folgenden Gründen bedacht werden:

Bei endoskopischen Interventionen sind wiederholt (auch im Beisein von Herrn B.) Situationen aufgetreten, die eine deutliche Diskrepanz zwischen den titelmäßig geführten Zusatzbezeichnungen und der tatsächlichen Qualifikation aufzeigen. Wer in Stresssituationen zumal als Facharzt mit jahrelanger Berufserfahrung kopf- bzw. hilflos reagiert, erscheint mir grundsätzlich wenig qualifiziert.

Kurz, die Diskrepanz zwischen der bescheinigten Qualifikation und den im täglichen Alltag erlebten Situationen ist erheblich. Titel, welche man führt, sollte man auch erfüllen.

Ohnehin wirkt der Lebenslauf des Kollegen (Krankenhaus – Praxis – Aufgabe der Praxis – Pharmaindustrie – Krankenhaus) wenig orientiert. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Menschen mit Hypothekendarlehen und befristeten Arbeitsverträgen ein Auskommen zu bieten. Wir benötigen im Übrigen auch keine weiteren „Häuptlinge”, sondern „Indianer”, d.h. brave „Parteisoldaten”/Mitarbeiter, die ihre Arbeit an den Schnittstellen Krankenhaus/Praxis erledigen, ohne Anspruchshaltung, diszipliniert, dem gemeinsamen Erfolg verpflichtet.

Als abschließendes Argument sei die (nicht nur aus meiner Sicht) opportunistisch intrigante Persönlichkeitsstruktur erwähnt, mit devotem Obrigkeitsverhalten und entsprechender Inversion rangniederen Kollegen und Mitarbeitern gegenüber (falls Sie mir nicht glauben, fragen Sie doch einfach mal vor Ihrer Tür nach)…”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung des Schreibens der Klägerin vom 25. April 2002 (Bl. 51, 52 d.A.) Bezug genommen.

Seit 1. Juni 2002 steht der Arzt Dr. W. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten.

Am 4. Juni 2002 informierte Herr Be. die ebenfalls kündigungsberechtigte Geschäftsleiterin Frau Ben. da...

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