Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.05.2005; Aktenzeichen 8 AZR 246/04)

LAG Berlin (Urteil vom 29.01.2004; Aktenzeichen 18 Sa 2189/03)

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 27.02.2003 noch durch die Kündigung vom 23.04.2003 noch durch die Kündigung vom 29.04.2003 aufgelöst worden ist.

II. Der Auflösungsantrag des Beklagten vom 16.10.2003 wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 36.333,31 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von drei Kündigungen, die von der Beklagten auf das Vorliegen verhaltensbedingter Gründe gestützt werden sowie über einen Auflösungsantrag des Beklagten.

Der Beklagte ist Träger des Berliner Krankenhauses B. L. Dort beschäftigt der Beklagte regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer.

Die Klägerin wird seit 01.06.1999 im Krankenhaus B. L. beschäftigt. Seit 01.08.1999 ist sie dort als Oberärztin für Innere Medizin tätig. Ihr Jahresgehalt betrug zuletzt ca. 88.000,00 EUR.

Chefarzt der Abteilung Innere Medizin ist Herr Dr. B., der der Klägerin seit ca. 16 Jahren bekannt ist.

Der Beklagte hatte den Arzt Dr. W. zunächst befristet eingestellt für die Abteilung Innere Medizin.

Mit Schreiben vom 25.04.2002, das den Vermerk „vertraulich, persönlich” enthielt, wandte sich die Klägerin an das Vorstandsmitglied des Beklagten, Herrn B. Hierin bat sie ihn, die geplante Umwandlung des Arbeitsverhältnisses von Herrn Dr. W. in ein unbefristetes zu überdenken.

In dem Schreiben heißt es u.a.:

„… Wir haben noch immer genug Kollegen i.S. von „Altlasten”, an die wir vertraglich fest gebunden sind (z.B. St., v. D., R., H., M.) Diese befinden sich zwar nicht mehr in offener Opposition, sind jedoch durch passiven Widerstand durchaus im Stande, den tgl. Ablauf zu erschweren.

Kollegen mit befristeten Arbeitsverträgen sind grundsätzlich wesentlich flexibler, einsatzbereiter und anspruchsloser. Dieser Umstand erklärt im übrigen auch den Einsatz des Kollegen W. den ich u.a. auch deshalb in seiner jetzigen Form noch für eine Weile erhalten möchte.

Minutiös jede Überstunde bzw. -minute notierende Mitarbeiter, hierüber verfügen wir überreichlich.

Wer einen festen Arbeitsvertrag erhält, sollte auch aus diesem Grund „handverlesen” sein.

Bevor wir uns arbeitsrechtlich fest an einen weiteren Mitarbeiter binden, sollte außerdem bedacht werden, dass V. demnächst genügend hochmotivierte bzw. dann sicherlich auch anspruchslosere und belastbarere Kollegen mit hervorragender Qualifikation freisetzen wird.

Im Speziellen sollte die feste vertragliche Bindung an Herrn W. zum jetzigen Zeitpunkt aus den folgenden Gründen bedacht werden:

Bei endoskopischen Interventionen sind wiederholt (auch im Beisein von Herrn B.) Situationen aufgetreten, die eine deutliche Diskrepanz zwischen den titelmäßig geführten Zusatzbezeichnungen und der tatsächlichen Qualifikation aufzeigen. Wer in Stresssituationen zumal als Facharzt mit jahrelanger Berufserfahrung kopf- bzw. hilflos reagiert, erscheint mir grundsätzlich wenig qualifiziert.

Kurz, die Diskrepanz zwischen der bescheinigten Qualifikation und den im täglichen Alltag erlebten Situationen ist erheblich. Titel, welche man führt, sollte man auch erfüllen.

Ohnehin wirkt der Lebenslauf des Kollegen (Krankenhaus – Praxis – Aufgabe der Praxis – Pharmaindustrie – Krankenhaus) wenig orientiert. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, Menschen mit Hypothekendarlehen und befristeten Arbeitsverträgen ein Auskommen zu bieten. Wir benötigen im Übrigen auch keine weiteren „Häuptlinge”, sondern „Indianer”, d.h. brave „Parteisoldaten”/Mitarbeiter, die ihre Arbeit an den Schnittstellen Krankenhaus/Praxis erledigen, ohne Anspruchshaltung, diszipliniert, dem gemeinsamen Erfolg verpflichtet.

Als abschließendes Argument sei die (nicht nur aus meiner Sicht) opportunistisch intrigante Persönlichkeitsstruktur erwähnt, mit devotem Obrigkeitsverhalten und entsprechender Inversion rangniederen Kollegen und Mitarbeitern gegenüber (falls Sie mir nicht glauben, fragen Sie doch einfach mal vor Ihrer Tür nach) …”

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung des Schreibens der Klägerin vom 25.04.2002 (Bl. 51, 52 d.A.) Bezug genommen.

Seit 01.06.2002 steht der Arzt Dr. W. in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten.

Am 04.06.2002 informierte Herr B. die Geschäftsleiterin Frau Be. darüber, dass die Klägerin schriftlich gegen die Entfristung des Arbeitsverhältnisses von Herrn W. interveniert habe. Zudem habe sie in diesem Schreiben haarsträubende Dinge zutage gebracht. Das Schreiben der Klägerin vom 25.04.2002 selber legte er Frau Be. nicht vor.

Anlässlich der Mitteilung durch Herrn B. fand zwischen der Klägerin, Frau Be., Herrn Dr. B. und dem Assistenten der Geschäftsleitung, Herrn D. ein Gespräch statt, wobei der genaue Zeitpunkt des Gesprächs zwischen den Parteien streitig ist.

Im Verlauf des Gesprächs wies die ...

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