Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechselschicht- bzw. Schichtzulage für teilzeitbeschäftigte Angestell im Pflegedienst

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach Nr. 8 SR 2 a zum BAT können teilzeitbeschäftigte Angestellte im Pflegedienst im selben Umfange wie Vollzeitbeschäftigte Wechselschicht- oder Schichtzulagen verlangen. § 34 Abs. 2 BAT findet insoweit keine Anwendung.

2. Die Tariföffnungsklausel des § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 erfaßt trotz seines eindeutigen Wortlautes nicht § 2 Abs. 1 BeschFG, der erkennbar nicht tarifdispositiv ausgestaltet worden ist.

 

Normenkette

BAT § 34; BAT Nr. 8 SR 2 a; BeschFG 1985 § 2 Abs. 1, § 6 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.07.1991; Aktenzeichen 33 Ca 83/90)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.06.1993; Aktenzeichen 10 AZR 127/92)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. Juli 1991 – 33 Ca 83/90 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin steht seit dem 17. September 1984 als Krankenschwester in den Diensten des beklagten Landes. Nach dem Arbeitsvertrag vom 1. Oktober 1984 hat sie ihre Arbeitsleistung in der Rettungsstelle des Krankenhauses an 20 Wochenstunden zu erbringen. Auf ihr Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Sie ist in die Vergütungsgruppe Kr IV BAT eingruppiert.

Die Klägerin leistet ständig Wechselschichtdienst, und zwar Frühdienst in der Zeit von 7.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Spätdienst in der Zeit von 15.00 Uhr bis 23.00 Uhr und Nachtdienst in der Zeit von 23.00 bis 7.00 Uhr morgens. In der Zeit vom 1. August 1989 bis zum 25. September 1990 erbrachte die Klägerin insgesamt 34 Frühdienste, 53 Spätdienste und 38 Nachtdienste, wobei jeweils die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 18 Stunden geleistet wurde.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 17. Oktober 1990 eingegangenen und dem Beklagten am 25. Oktober 1990 zugestellten Klage hat die Klägerin für die Zeit vom 1. August 1989 bis zum 25. September 1990 die Zahlung einer Wechselschichtzulage in Höhe von 1.170,– DM brutto begehrt, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 4. Oktober 1990 jegliche Zahlung abgelehnt hatte. Unter dem 20. Dezember 1990 erteilte der Beklagte der Klägerin eine geänderte Abrechnung für die Monate August 1989 bis September 1990, nach der die Klägerin Wechselschicht bzw. Schichtzulagen in wechselnder Höhe zwischen 150,– DM und 70,– DM erhält.

Von der an sich errechneten Wechselschicht bzw. Schichtzulage in Höhe von 1.660,– DM brutto sind zugunsten der Klägerin aber nur 830,– DM brutto abgerechnet worden. Den Differenzbetrag macht die Klägerin nunmehr gegenüber dem Beklagten geltend.

Sie hat die Auffassung vertreten, § 34 BAT könne auf die Wechselschicht- und Schichtzulagen der Nummer 8 SR 2 a zum BAT nicht angewendet werden, weil Teilzeitkräfte die in Nr. 8 SR 2 a zum BAT genannten Voraussetzungen ebenso wie Vollzeitarbeitskräfte in vollem Umfange erfüllen müßten. Ob den Teilzeitkräften nach den geleisteten Nachtschichten mehr freie Zeit zur Verfügung stehe als den Vollzeitarbeitskräften, darauf könne es nicht ankommen. Ungeachtet dessen würden bevorzugt Teilzeitkräfte herangezogen werden, wenn erkrankte Mitarbeiter zu ersetzen seien, so daß die nach den Nachtschichten gegebene freie Zeit nur in vermindertem Umfange vorliege.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 830,– DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung zu zählen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß der Klägerin die Zulagen gemäß Nr. 8 SR 2 a zum BAT nicht in vollem Umfange zustünden, weil sie als Teilzeitkraft durch den Schichtdienst weniger belastet sei als Vollzeitarbeitskräfte, die zwischen den Schichten weniger Zeit hätten, ihren Lebensrhythmus umzustellen und sich zu regenerieren.

Die Belastung einer Teilzeitkraft sei deshalb tatsächlich nur halb so hoch wie die einer Vollzeitkraft. Es wäre unverständlich, wenn bei zwei Teilzeitkräften die doppelten Kosten entstehen würden wie bei einer Vollzeitkraft.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, §§ 313 Abs. 2, 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Durch am 24. Juli 1991 verkündetes Urteil hat die Kammer 33 des Arbeitsgerichts Berlin der Klage stattgegeben und den Wert des Streitgegenstandes auf 830,– DM festgesetzt. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Gegen das seinen Prozeßbevollmächtigten am 16. August 1991 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 13. September 1991 eingegangene Berufung des Beklagten, die er mit weiterem beim Rechtsmittelgericht am 10. Oktober 1991 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Er meint auch in der Rechtsmittelinstanz, daß der Klägerin weitergehende tarifliche Ansprüche auf die Zahlung einer Wechselschicht- und Schichtzu...

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