Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsvorschrift des Mutterschutz rechts. Kündigungsschutz für alleinstehende Mütter mit Kindern bis zu 3 Jahren

 

Leitsatz (amtlich)

§ 58 Abs. 1 b letzte Alternative AGB-DDR, wonach alleinstehende Mütter und Väter mit Kindern bis zu drei Jahren besonderen Kündigungsschutz genießen, ist keine „Kündigungsvorschrift des Mutterschutzrechtes” im Sinne der Entscheidungsformel 2. bzw. der tragenden Gründe unter C III 4 der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.4.1991 – 1 BvR 1341/90. Dementsprechend endet das Arbeitsverhältnis einer alleinstehenden Arbeitnehmerin mit einem zweijährigen Kind gemäß Artikel 20 Abs. 1 des Gesetzes zum Einigungsvertrag in Verbindung mit der Anlage I Kapitel XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III, Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 bei Auflösung einer Einrichtung automatisch.

 

Normenkette

AGB-DDR § 58 Abs. 1b; BVerfGG § 31 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.09.1991; Aktenzeichen 61 A Ca 11846/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.1992; Aktenzeichen 8 AZR 134/92)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. September 1991 – 61 A Ca 11846/91 – geändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß Art. 20 Abs. 1 des Gesetzes zum Einigungsvertrag in Verbindung mit der Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 (im folgenden Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 … G-EV) mit dem 02.04.1991 geendet oder über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestanden und – auf Wunsch der Klägerin – erst mit dem 31.08.1991 geendet hat. Diesem Streit liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war ab 01.04.1990 beim Stadtbezirksgericht Berlin- … als Sachbearbeiterin beschäftigt. Im Zeitpunkt des Beitrittes der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland war die Klägerin alleinstehend und hatte ein zweijähriges Kind. Da das Stadtbezirksgericht Berlin-…, vom beklagten Land aufgelöst worden ist, geht das beklagte Land davon aus, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 … G-EV mit Wirkung ab 03.10.1990 geruht und gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 … G-EV mit Wirkung zum 02.04.1991 geendet hat. Demgegenüber geht die Klägerin davon aus, sie gehöre im Hinblick auf § 58 Abs. 1 b AGB-DDR zu dem Personenkreis, demgegenüber die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24.04.1991 – 1 BvR 1341/90 – verfassungswidrig und damit unwirksam sei.

Die Klägerin hat beantragt.

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 02.04.1991 hinaus bis zum 31.08.1991 fortbestanden hat.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages beider Parteien wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch ein Urteil vom 24.09.1991 hat das Arbeitsgericht Berlin dem Antrag der Klägerin entsprochen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses dem beklagten Land am 09.11.1991 zugestellte Urteil hat es mit einem am 02.12.1991 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 13.12.1991 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das beklagte Land geht in der Berufungsinstanz nunmehr auch davon aus, daß die Klägerin als alleinstehende Arbeitnehmerin im Sinne von § 58 Abs. 1 b letzte Alternative AGB-DDR anzusehen sei, vertritt aber in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, diese Kündigungsschutznorm sei nicht mehr dem Mutterschutzrecht im Sinne der einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zuzurechnen.

Das beklagte Land beantragt,

das angefochtene. Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Berufung mit Rechtsausführungen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze des beklagten Landes vom 02.12.1991 sowie der Klägerin vom 17. und 20.01.1992 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung, die frist- und formgerecht im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO eingelegt und begründet worden ist, hat Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hat gemäß Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 … G-EV mit Ablauf des 02.04.1991 geendet. Die Klägerin gehörte als alleinstehende Mutter mit einem zweijährigen Kind nicht mehr zu dem Personenkreis, demgegenüber die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach der einschlägigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.04.1991 verfassungswidrig und damit unwirksam war.

1.

Als alleinstehende Arbeitnehmerin mit einem zweijährigen Kind genoß die Klägerin im...

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