Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Verfälschung des Kündigungssachverhalts

 

Leitsatz (amtlich)

Macht ein Arbeitnehmer bei seiner nicht unverzüglichen Krankmeldung falsche Angaben über die voraussichtliche Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit und mahnt ihn der Arbeitgeber nur wegen dieser falschen Angaben ab, so ist eine verhaltensbedingte Kündigung wegen erneuter, diesmal aber bloß verspäteter Krankmeldung nicht gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2; LPersVG § 108 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Urteil vom 12.05.2009; Aktenzeichen 5 Ca 2535/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 12.05.2009 – 5 Ca 2535/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die am … 1957 geborene Klägerin trat am 21. August 1991 in die Dienste der Beklagten. Sie wurde zuletzt in der Poststelle gegen eine Vergütung von monatlich 2.357,68 EUR brutto eingesetzt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der BAT-O und die in ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung.

Wegen häufiger Fehlzeiten wurde die Klägerin mit Schreiben vom 29. März 2006 (Ablichtung Bl. 35 d. A.) aufgefordert, künftig eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Da sie dies für den 23. April 2007 unterließ, sprach ihr die Beklagte mit Schreiben vom 2. Mai 2007 (Ablichtung Bl. 34 d. A.) eine Verwarnung aus.

Am Montag, dem 3. September 2007, teilte die Klägerin gegen 08:00 Uhr telefonisch mit, dass sie zum Arzt gehen müsse. Auf telefonische Erkundigung gab sie am frühen Nachmittag an, für diesen und den nächsten Tag krankgeschrieben zu sein, obwohl ihr inzwischen eine Krankschreibung für die ganze Woche vorlag. Hiervon machte sie der Beklagten erst am späten Nachmittag des folgenden Tages Mitteilung. Nach Anhörung der Klägerin übersandte die Beklagte ihr per Boten ein Schreiben vom 17. September 2007, dessen Zugang die Klägerin ebenso wie den Zugang der vorangegangenen Ermahnung bestreitet. In dem Schreiben heißt es:

„Abmahnung

Sehr geehrte Frau S. K.,

Sie haben am Montag, dem 03.09.2007 gegenüber dem Personalamt – Frau B. telefonisch auf Anfrage angegeben nur für den 03.09.2007 und 04.09.2007 krank zu sein. Ihnen lag aber zu diesem Zeitpunkt bereits eine Krankschreibung für die ganze Woche bis einschließlich zum 07.09.2009 vor. Durch Anruf vom 04.09.2007 haben Sie mitgeteilt, dass Sie gerade vom Arzt kämen und eine Krankschreibung bis zum 07.09.2007 vorliegt.

Die zum Sachverhalt gemachten Angaben in Ihrem Schreiben vom 07.09.2007 und die vorher telefonisch gemachten Angaben stimmen nicht überein. Dies haben Sie auch mit dem vorgenannten Schreiben eingeräumt.

Sie haben Frau B., die im Auftrag des Arbeitgebers entsprechende Auskünfte einholen sollte, belogen. Das Vertrauensverhältnis wurde erheblich gestört.

(kronkrete Beschreibung des Sachverhalts, der eine arbeitsvertragliche Haupt-/Nebenpflicht verletzt)

Damit haben Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt.

Wir sind nicht bereit, derartige Pflichtverletzungen in Zukunft hinzunehmen und weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass wir von Ihnen erwarten, dass Sie den Ihnen obliegenden arbeitsvertraglichen Pflichten ordnungsgemäß nachkommen.

Sollten Sie erneut in der gerügten Art und Weise Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen, sehen wir uns zu unserem Bedauern veranlasst, Ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen.

Wir beabsichtigen, diese Abmahnung zu Ihrer Personalakte zu nehmen.”

Am Montag, dem 8. Dezember 2008, erschien die Klägerin wieder nicht zum Dienst, sondern rief erst kurz nach 09:00 Uhr an. Streitig ist, ob sie mitteilte, dass sie zum Arzt gehe, um sich Medikamente verschreiben zu lassen, da sie krank sei, oder ob sie angab, dass dies bereits geschehen sei. Jedenfalls begab sich die Klägerin am nächsten Tag um die Mittagszeit zu ihrer Arbeitsstelle, um ihre an diesem Tag rückwirkend ausgestellte Krankschreibung zu überbringen und der für Personalfragen zuständigen Mitarbeiterin telefonisch mitzuteilen, bis Ende der Woche krank geschrieben zu sein. Daraufhin beantragte die Beklagte noch am selben Tag beim Personalrat die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung mit folgender Begründung:

„Grund: wiederholter Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetztes (EFZG)

Frau S. K. ist am 08.12.2008 nicht um 07:00 Uhr (regelmäßiger Beginn) zur Arbeit erschienen. Erst gegen 09:30 Uhr rief sie an und teilte mit, dass sie beim Arzt war und sich Medikamente verschreiben lies. Nach dem Anruf war davon auszugehen, dass sie am Folgetag, Dienstag, 09.12.2008 die Arbeit wieder aufnehmen wird.

Frau K. ist jedoch nicht erschienen und hat sich auch nicht gemeldet.

Gemäß § 5 Abs. 1 EFZG ist der Arbeitsnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.

Frau K. wurde bereits wegen genau diesen Verstoßes abgemahnt (17.09.2007) und ein entspreche...

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