Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Kündigung wegen Überschreitung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Relevanz der Fähigkeiten und Kenntnisse einer Person für Bestellung als Schulleitung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 71 SchulG Bln ist eine Auswahlbestimmung. Sie regelt die Bestellung zur Schulleitung, aber nicht die Beschäftigung einer zur Schulleitung bestellten Person.

 

Normenkette

BlnSchulG § 71; KSchG § 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 02.09.2020; Aktenzeichen 56 Ca 4305/20)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.06.2022; Aktenzeichen 5 AZR 407/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung des beklagten Landes - das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 2. September 2020 - 56 Ca 4305/20 - teilweise abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger als Schulleiter der Staatlichen A Berlin und Schule für B in Vollzeit weiter zu beschäftigten.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen.

III. Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsanspruchs wird die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung sowie über einen Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung.

Der am ... 1965 geborene Kläger studierte von 1986 bis 1991 Theaterwissenschaften und Choreographie an der Theaterhochschule "Hans Otto" in Leipzig und schloss das Studium als Diplom-Theaterwissenschaftler mit Spezialisierung auf Tanzwissenschaften ab. 1995 wurde er zum Honorar-Professor für Tanzdramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst E in Berlin bestellt. Nach seiner Promotion wurde er 1999 bzw. 2001 zum außerplanmäßigen Professor für Tanzgeschichte und Tanzdramaturgie an der Palucca Hochschule für Tanz in Dresden ernannt.

2002 bewarb sich der Kläger bei dem beklagten Land auf eine Stelle als stellvertretender künstlerischer Leiter für den Bereich Bühnentanz an der Staatlichen A Berlin und Schule für B und wurde zum 1. Januar 2003 eingestellt. Im April 2007 wurde die Stelle des Schulleiters der A Berlin und Schule für B ausgeschrieben. Der Kläger bewarb sich und wurde im Rahmen eines strukturierten Auswahlverfahrens ausgewählt. Zum 1. August 2007 wurde ihm die Stelle entsprechend den beamtenrechtlichen Vorschriften für Ämter mit leitender Funktion zunächst befristet zur Erprobung übertragen. Während der Erprobung nahm der Kläger an mehreren Fortbildungslehrgängen des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) für Schulleiter*innen, die neu im Amt sind, im Umfang von 170 Fortbildungsstunden teil. Nach erfolgreicher Erprobung und einer Beurteilung mit der Bestnote "A" im Jahr 2009 (Blatt 300 ff. (fortfolgende) der Akten) wurde ihm die Stelle zum 1. Januar 2010 endgültig übertragen.

In § 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 22. November 2002 (Blatt 12 f. (folgende) der Akten) wird auf den Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung sowie auf die übrigen für das beklagte Land geltenden Tarifverträge Bezug genommen. Zuletzt wurde der Kläger nach Entgeltgruppe 15 Endstufe 6 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vergütet und erhielt eine Zulage nach § 16 Absatz 5 TV-L. Er verdiente 7.291,26 Euro brutto monatlich.

Bei der Staatlichen A Berlin und Schule für B handelt es sich um eine Schule mit besonderer Ausprägung. Nach der Einrichtungsverfügung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie des beklagten Landes besteht der Auftrag der Schule einerseits in der Ausbildung von Bühnentänzer*innen, die aktuellen technischen und künstlerischen Anforderungen der Berufspraxis an Opernhäusern, Theatern und in freien Ballett- und Tanzkompanien in Deutschland und international entsprechen, und andererseits in der Ausbildung von professionellen Artist*innen, die sich in Zirkus, Varietés und anderen Formen des Showgeschäfts national und international behaupten können. An der Schule kann außer einem allgemeinbildenden Schulabschluss bis hin zur Hochschulreife ein berufsbildender Abschluss als staatlich geprüfte*r Bühnentänzer*in oder staatlich geprüfte*r Berufsartist*in oder ein Bachelor of Arts nach einem Bachelorstudium in Kooperation mit der Berliner Hochschule für Schauspielkunst E erworben werden. Der Kläger unterrichtete Tanztheorie, Tanzgeschichte und Choreographie. Es gibt eine Hausordnung, in der unter Punkt 5 Folgendes geregelt ist:

"5. Befreiung vom Unterricht nach abendlichen Auftritten von Schülerinnen und Schülern

Bei abendlichen Auftritten und Proben werden Schülerinnen und Schüler in der Regel nach folgenden Grundsätzen von Unterrichten am nächsten Tag befreit. Dabei gilt als Auftrittsende das (bekleidete) Verlassen des Auftrittsortes bzw. der Schule oder die Ankunft in...

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