Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Zahlungsrückstand

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch nach der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung des § 124 ZPO ist die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen Zahlungsrückstands nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht zulässig, wenn Prozesskostenhilfe an sich hätte ohne Ratenzahlung bewilligt werden müssen.

2. Dem steht nicht entgegen, dass die Prozesskostenhilfepartei gegen die Ratenzahlungsverpflichtung kein Rechtsmittel eingelegt hat.

 

Normenkette

ArbGG § 11a Abs. 1; ZPO § 124 Abs. 1 Nrn. 4-5

 

Verfahrensgang

ArbG Brandenburg (Entscheidung vom 27.06.2016; Aktenzeichen 3 Ca 1227/15)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der früheren Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Brandenburg vom 27. Juni 2016 - 3 Ca 1227/15 - aufgehoben.

 

Gründe

I. Die frühere Klägerin, Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Im Ausgangsverfahren vor dem Arbeitsgericht Brandenburg, in dem die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Januar 2016 die Klage zurückgenommen hat, bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 13. Januar 2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten gegen monatliche Raten in Höhe von 26,00 Euro. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der monatlichen Raten wird auf die Gründe des Beschluss vom 13. Januar 2016 (Bl. 20 d. PKH-Hefts) verwiesen.

Mit Schreiben vom 27. Mai 2016, welches der Klägerin persönlich formlos übersandt wurde, wies das Arbeitsgericht die Klägerin darauf hin, dass sie sich mit der Zahlung der Raten seit dem 1. März 2016 im Rückstand befinde, und drohte ihr die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe an, sofern nicht der Zahlungsrückstand bis zum 26. Juni 2016 behoben werde. Die Klägerin zahlte nicht. Daraufhin hob das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 27. Juni 2016 auf.

Gegen diesen der Klägerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 29. Juni 2016 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit am 25. Mai 2016 beim Arbeitsgericht Brandenburg eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Die Klägerin sei zwischenzeitlich umgezogen. Bei dem Umzug sei die der Klägerin für die Ratenzahlung mitgeteilte Bankverbindung abhandengekommen. Auf telefonische Nachfrage habe man ihr die Kontoverbindung nicht mitteilen können. Sie sei gewillt, die monatlichen Raten zu zahlen, wenn ihr die Kontoverbindung erneut mitgeteilt werde.

Mit Beschluss vom 25. Juli 2016 hat das Arbeitsgericht Neuruppin, nachdem es zunächst den neuen Mietvertrag der Klägerin angefordert hatte, der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Umzug der Klägerin und die dabei abhanden gekommene Bankverbindung entschuldigten den Zahlungsrückstand nicht. Die Klägerin sei angemahnt und auf die Folgen weiteren Zahlungsverzugs hingewiesen worden. Dass die Klägerin telefonisch wegen der Bankverbindung nachgefragt habe, sei den Akten nicht zu entnehmen. Zudem habe sie die Änderung ihrer Anschrift nicht unverzüglich mitgeteilt.

Mit Schriftsatz vom 15. August 2016 hat die Klägerin dagegen eingewandt, die nicht rechtzeitige Zahlung der Raten sowie die Nichtmitteilung der neuen Anschrift der Klägerin seien weder absichtlich noch aus grober Nachlässigkeit erfolgt. Sie habe nachgewiesen, dass sie am 1. März 2016 umgezogen sei. Dass ihre telefonische Nachfrage nach der Bankverbindung nicht vermerkt worden sei, könne ihr nicht angelastet werden. Auch die nicht rechtzeitige Mitteilung der neuen Anschrift könne die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nicht begründen.

II. Die sofortige Beschwerde hat Erfolg.

Nach § 78 Satz 1 ArbGG gelten für Beschwerden gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte die für Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Ebenso gelten nach § 11a Abs. 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechend.

1. Die sofortige Beschwerde ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO an sich statthaft sowie nach § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO, § 569 Abs. 2 ZPO frist- und formgerecht eingelegt worden. Sie ist daher zulässig.

2. Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht aufgehoben.

a) Der Zahlungsrückstand der Klägerin kann die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht rechtfertigen, da bei zutreffender Anwendung des § 115 ZPO bereits bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe keine Ratenzahlung hätte festsetzt werden dürfen.

aa) Nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO soll das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand ist.

§ 124 ZPO in der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung ist anders als die Vorgängervorschrift (§ 124 ZPO a.F.) ...

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