Entscheidungsstichwort (Thema)

kein Abbruch einer Betriebsratswahl im einstweiligen Verfügungsverfahren. zum Ermessen bei der Bestimmung der Größe des Wahlvorstandes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Feststellungsverfügung, wonach die Einsetzung des Wahlvorstandes für eine Betriebsratswahl unwirksam sein soll, ist im einstweiligen Verfügungsverfahren unzulässig.

2. Die Bestellung eines siebzehnköpfigen Wahlvorstandes durch den Betriebsrat mit dem Ziel, neben 3 festen Wahllokalen u. a. 55 Filialen durch 11 mobile Wahlteams an einem Wahltag aufsuchen zu lassen, rechtfertigt keinen Abbruch der Betriebsratswahl, auch wenn bei der vorangegangenen Wahl nur 7 Wahlvorstandsmitglieder für 3 feste Wahllokale bestellt worden waren.

3. Dem Wahlvorstand kann die weitere Durchführung einer Betriebsratswahl nur in besonderen Ausnahmefällen untersagt werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn Mängel in der Durchführung der Wahl nicht korrigiert werden können und die Weiterführung der Wahl mit Sicherheit eine erfolgreiche Anfechtung oder Nichtigkeit der Wahl zur Folge hätte.

4. Es kann offen bleiben, ob Mängel in der Wahldurchführung in analoger Anwendung § 19 Abs. 2 BetrVG innerhalb von zwei Wochen gerichtlich angegriffen werden müssen.

 

Normenkette

BetrVG §§ 16, 18; WahlO BetrVG § 12; WahlO BetrVG § 24

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 03.12.2009; Aktenzeichen 4 BVGa 20359/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1), 2), 5) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 03.12.2009 – 4 BVGa 20359/09 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob durch Beschluss des Betriebsrates vom 17. September 2009 wirksam ein siebzehnköpfiger Wahlvorstand bestellt worden ist und ob diesem Wahlvorstand die weitere Durchführung der Betriebsratswahl zu untersagen ist.

Der Beteiligte zu 3) ist der gemeinsam für die beteiligten Unternehmen zu 1), 2, und 5) (künftig: die Arbeitgeberinnen) gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberinnen unterhielten nach eigener Auffassung einen gemeinsamen Betrieb in Berlin mit ca. 1.810 Mitarbeitern. Dieser besteht aus drei großen Betriebsstätten in der Berliner Innenstadt mit ca. 670, 240 und weiteren 150 Arbeitnehmern. Weiterhin existieren 55 Filialen und Außenstellen, in denen die übrigen Arbeitnehmer beschäftigt sind. Die beteiligten Arbeitgeberinnen zu 1) und 2) beitreiben Bankgeschäfte, während es sich bei der beteiligten Arbeitgeberin zu 5) um eine ebenfalls zum Konzern gehörende Service-Gesellschaft handelt.

Zur Betriebsratswahl im Jahre 2006 war ein siebenköpfiger Wahlvorstand gebildet worden. Für die drei großen Betriebsstätten in der Innenstadt waren feste Wahlbüros eingerichtet worden. Bezüglich der Beschäftigten in den 55 Filialen war Briefwahl angeordnet worden.

In seiner Sitzung am 17. September 2009 wählte der siebzehnköpfige Betriebsrat im Hinblick auf die im Jahr 2010 anstehende Neuwahl einen aus 17 Mitgliedern bestehenden Wahlvorstand, den Beteiligten zu 4). Dem lag die Konzeption zugrunde, dass neben den drei festen Wahlbüros elf mobile Wahlteams gebildet werden sollten, die jeweils fünf Filialen am Wahltag aufsuchen sollten. Diese Konzeption hat der Wahlvorstand mit Wahlausschreiben vom 23. Februar 2010 (Kopie Bl. 237 ff. d. A.) umgesetzt.

Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens vertreten die beteiligten Arbeitgeberinnen die Ansicht, die Bildung des siebzehnköpfigen Wahlvorstandes sei ermessensfehlerhaft. Ohne Not habe der Betriebsrat die Kostenbelastung für die Arbeitgeberinnen außer Acht gelassen. Genauso wie 2006 hätte auch dieses Mal eine schriftliche Stimmabgabe für die Filialen und Außenstellen beschlossen werden können. Wäre die Wahl an mehreren Tagen durchgeführt worden, hätte sich zwangsläufig die Anzahl der benötigten Wahlvorstände verringert.

Die Beteiligten zu 1), 2) und 5) haben beantragt,

  1. festzustellen, dass die Einsetzung des Wahlvorstandes durch den Beschluss des Beteiligten zu 3) vom 17.09.2009 unwirksam ist;
  2. den Beteiligten zu 4) die weitere Durchführung der Betriebsratswahl zu untersagen.

Die Beteiligten zu 3) und 4) haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, dass eine Briefwahl für alle 55 Filialen nicht zuletzt deshalb als kritisch anzusehen sei, weil der Gesetzgeber dem Aufsuchen eines Wahllokals als erlebbaren Wahlvorgang den Vorrang eingeräumt habe. Für jedes der drei fest eingerichteten Wahlbüros würden zwei Mitglieder des Wahlvorstandes und für jede der „Wanderwahlurnen” ein Wahlvorstandsmitglied benötigt. Hieraus ergebe sich die Gesamtzahl von 17 Wahlvorstandsmitgliedern.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 3. Dezember 2009 die Anträge zurückgewiesen. Der Antrag zu 1. sei zulässig. Beide Anträge seien jedoch nicht begründet. Ein Fehler, der zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen würde, liege nicht vor. Mit der Einrichtung mobiler Wahlbüros werde der dezentralen Struktur des Betriebes Rechnung getragen. Die Entscheidung des Betriebsrates sei nicht ermessensfehlerhaft. Jedenfalls bezüglich...

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