Entscheidungsstichwort (Thema)

Zentrale Einführung von IT-Technik durch die Bundesagentur für Arbeit. Unbegründeter Antrag der Schwerbehindertenvertretung eines örtlichen Jobcenters auf Unterrichtung und Anhörung aufgrund fehlender Entscheidungsbefugnis des Geschäftsführers des Jobcenters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Anspruch der Schwerbehindertenvertretung eines örtlichen Jobcenters auf Gewährung eines Beteiligungsrechtes auf Unterrichtung und Anhörung gemäß § 95 Abs. 2 SGB IX hinsichtlich der Barrierefreiheit bei der Einführung zentraler IT-Verfahren setzt gemäß § 44i in Verbindung mit § 44h Abs. 3 SGB II voraus, dass dem Geschäftsführer als gesetzlichem Vertreter des örtlichen Jobcenters Entscheidungsbefugnisse in personalrechtlichen, personalwirtschaftlichen, sozialen oder die Ordnung der Dienststelle betreffenden Angelegenheiten zustehen. Für den Bereich der Nutzung zentral verwalteter Verfahren der Informationstechnik bestehen solche Entscheidungsbefugnisse des Geschäftsführers jedoch nicht, da gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 SGB II die allein verantwortliche Stelle für diese zentral verwalteten Verfahren die Bundesagentur für Arbeit ist.

2. Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung an einer zu treffenden Entscheidung durch Information und Anhörung setzt zwingend eine Entscheidungskompetenz beim Gegenpart voraus.

 

Normenkette

SGB II § 50 Abs. 4, §§ 44i, 44h; SGB IX § 95; SGB II § 44h Abs. 3, § 50 Abs. 3 Sätze 1, 3; SGB IX § 95 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 22.04.2015; Aktenzeichen 56 BV 9643/14)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 20.06.2018; Aktenzeichen 7 ABR 39/16)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22.04.2015 - 56 BV 9643/14 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten noch um das Bestehen eines Unterrichtungs- und Anhörungsrechtes der Schwerbehindertenvertretung des örtlichen Jobcenters bei der zentralen Einführung von IT-Technik durch die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der Barrierefreiheit der einzuführenden Technik.

Die Beteiligte zu 1) ist die von den schwerbehinderten Arbeitnehmern des zu 2) beteiligten Jobcenters gewählte Schwerbehindertenvertretung. Der Beteiligte zu 2) ist eines von bundesweit 303 Jobcentern, die als gemeinsame Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit und der kommunalen Träger, im Falle Berlins der Bezirke, gemäß §§ 6, 44 b SGB II errichtet worden sind. Die Beteiligte zu 3) ist die bei der Bundesagentur für Arbeit (nachfolgend: BA) gebildete Hauptschwerbehindertenvertretung.

Gemäß § 44 i SGB II ist auf die bei den Jobcentern zu bildende Schwerbehindertenvertretung § 44 h SGB II mit Regelungen über die bei den Jobcentern zu bildende Personalvertretung entsprechend anzuwenden. Für die Personalvertretungen gilt gemäß § 44 h das Folgende:

§ 44h SGB II, Personalvertretung

(1) In den gemeinsamen Einrichtungen wird eine Personalvertretung gebildet. Die Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes gelten entsprechend.

(2) Die Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der gemeinsamen Einrichtung besitzen für den Zeitraum, für den ihnen Tätigkeiten in der gemeinsamen Einrichtung zugewiesen worden sind, ein aktives und passives Wahlrecht zu der Personalvertretung.

(3) Der Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung stehen alle Rechte entsprechend den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu, soweit der Trägerversammlung oder der Geschäftsführerin oder dem Geschäftsführer Entscheidungsbefugnisse in personalrechtlichen, personalwirtschaftlichen, sozialen oder die Ordnung der Dienststelle betreffenden Angelegenheiten zustehen.

(4) Zur Erörterung und Abstimmung gemeinsamer personalvertretungsrechtlich relevanter Angelegenheiten wird eine Arbeitsgruppe der Vorsitzenden der Personalvertretungen der gemeinsamen Einrichtungen eingerichtet. Die Arbeitsgruppe hält bis zu zwei Sitzungen im Jahr ab. Sie beschließt mit der Mehrheit der Stimmen ihrer Mitglieder eine Geschäftsordnung, die Regelungen über den Vorsitz, das Verfahren zur internen Willensbildung und zur Beschlussfassung enthalten muss. Die Arbeitsgruppe kann Stellungnahmen zu Maßnahmen der Träger, die Einfluss auf die Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Beamtinnen und Beamten in den gemeinsamen Einrichtungen haben können, an die zuständigen Träger abgeben.

(5) Die Rechte der Personalvertretungen der abgebenden Dienstherren und Arbeitgeber bleiben unberührt, soweit die Entscheidungsbefugnisse bei den Trägern verbleiben.

Hinsichtlich der Befugnisse der Geschäftsführer der Jobcenter als deren gesetzliche Vertreter in ihrer Funktion als Arbeitgeber ist in § 44 d Abs. 4 SGB II das Folgende geregelt:

§ 44d SGB II

(4) Die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer übt über die Beamtinnen und Beamten sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen in der gemeinsamen Einrichtung Tätigkeiten zugewiesen worden sind, die dienst-, personal- und ...

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