Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung gewerkschaftlicher Schulungskosten durch den Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Begriff „Schulungs- und Bildungsveranstaltung” im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG.

2. Legt der Arbeitgeber dem Betriebsrat lediglich ein Grobkonzept über die künftige Personalarbeit vor, so vermittelt eine gewerkschaftliche Veranstaltung in der Regel für die Betriebsratstätigkeit keine (aktuellen) konkreten betriebsverfassungsrechtlichen Kenntnisse, jedenfalls wenn es im wesentlichen darum geht, Vorschläge und Möglichkeiten der Einflußnahme des Betriebsrates zu erörtern.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Beschluss vom 11.08.1989; Aktenzeichen 2 BV 17/89)

 

Tenor

Auf die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. August 1989 – 2 BV 17/89 – wie folgt abgeändert:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Dem bei der Antragsgegnerin, einer Zweigniederlassung der … GmbH, bestehenden Betriebsrat gehören 19 Mitglieder an. Der Betriebsrat hat neben dem siebenköpfigen Betriebsausschuß, der die Aufgabe hat, die laufenden Geschäfte des Betriebsrates zu führen, Informationen einzuholen und Unterlagen herbeizuschaffen sowie mit den anderen Ausschüssen zusammenzuarbeiten, weitere Ausschüsse gebildet, und zwar einen Ausschuß für personelle Angelegenheiten mit fünf Mitgliedern, einen Ausschuß für soziale Einrichtungen mit fünf Mitgliedern, einen Ausschuß für Arbeitssicherheit mit sieben Mitgliedern und einen Ausschuß für Aus- und Weiterbildung mit fünf Mitgliedern.

Im … -Konzern wurde 1988 ein etwa 60 Seiten starkes Grobkonzept über die „Personalarbeit … – Ziele, Aufgaben, Schwerpunkte” erstellt, von dem jede Führungskraft und jeder Betriebsrat ein Exemplar erhielten. Aufgrund dessen beschloß der Betriebsrat der Antragsgegnerin am 19. Oktober 1988 die Teilnahme seiner Mitglieder … an einer von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirk Berlin, in der Zeit vom 10. bis 11. November 1988 durchgeführten Schulungsveranstaltung zum Thema: „Das neue … Konzept”. In der Schulungsveranstaltung wurden im einzelnen folgende Themen behandelt:

Donnerstag, den 10. November 1988

9.00 Uhr

Begrüssung; technische u. organisatorische Hinweise; Erläuterung des Lehrgangsablaufes und Vorstellung der Teilnehmer/innen

9.30 Uhr

„Das neue … Personalkonzept” – Personalarbeit bei … Ziele, Aufgaben. Schwerpunkte – Überblick über die Folgen für die praktische Betriebsratsarbeit bei Hertie

Vortrag:

11.00 Uhr

Anschließend erfolgt dazu eine Aussprache Qualitätszirkel bei … (z.B. Motivationskonzepte/… -Zirkel usw.) als Ausgangsentwicklung zu einer … -Unternehmenskultur und Firmenidentität – Folgen für die Arbeitnehmer/innen; Beteiligungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Betriebsräte

Vortrag:

Anschließend erfolgt dazu ein Lehrgespräch sowie eine Aussprache

13.00 Uhr

Mittagessen

14.00 Uhr

Fortsetzung des Themas vom Vormittag

15.00 Uhr

Arbeitgeberseitige Vorstellungen über Systeme der Leistungssteigerungen im … -Unternehmen und Folgen für die Arbeitnehmer/innen

– Beurteilungssystem

– Flexible Arbeitszeiten

– Leistungsentgeltsysteme

– Führungsplantechniken

– Personaldatenbearbeitung

– Motivationskonzepte und die Beteiligungs- u. Mitwirkungsrechte der Betriebsräte Informations- und Beratungsansprüche des Betriebsrates aufgrund betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsansprüche Zuständigkeit des Betriebs- bzw. Gesamtbetriebsrats bei arbeitgeberseitigen Konzepten für das Gesamtunternehmen

Lehrgespräch:

17.30 Uhr

Lehrgangsende

Freitag, den 11. November 1988

9.00 Uhr

Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes in Bezug auf die personal-politischen Konzepte bei … und die rechtliche Stellung der Betriebsräte bei der Umsetzung dieser Konzepte/Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte

– Personalkostenplanung

– Entgeltpolitik und Leistungssysteme

– Qualitätszirkel/Motivationskonzepte

– Aus- und Weiterbildung, einschl. Nachfolgeplanung

– Flexible Arbeitseinsätze/Umstellung der Arbeitszeitsysteme als Betriebsänderung

– Einsatz von Fremdarbeitnehmern

– Mehrere Betriebe ein Betriebsrat

– EDV-Personalsysteme

– Leistungs- und Beurteilungssysteme

– usw.

Vortrags- und Lehrgespräch:

13.00 Uhr

Mittagessen

14.00 Uhr

Fortsetzung des Themas vom Vormittag

15.30 Uhr

Die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den §§ 95, 99 und 102 BetrVG/Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei der Umsetzung des Hertie-Personalkonzeptes

Vortrag und Lehrgespräch:

17.30 Uhr

Lehrgangsende

Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen stellte dem bei der Antragsgegnerin bestehenden Betriebsrat für acht Mitglieder Unkosten in Höhe von jeweils 250,– DM (Verpflegung/Raummiete: 96,26 DM; Materialien, Fotokopien: 8,64 DM; Referentenhonorare: 145,10 DM) in Rechnung und bat um einen entsprechenden Kostenausgleich. Mit Schreiben vom 4. November 1988, gerichtet an den Betriebsrat, hatte die Personalleitung der Antragsgegner...

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