Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristverlängerungsantrag Berufungsbegründungsfrist

 

Leitsatz (amtlich)

Eine „starke Arbeitsüberlastung” des Prozessbevollmächtigten kann Grund für eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sein; sie darf allerdings nicht nur pauschal behauptet, sondern muss durch substantiellen Sachvortrag schlüssig dargelegt werden.

 

Normenkette

ArbGG § 66; ZPO § 233

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen 50 Ca 13851/03)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers vom 1.3.2004 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18.12.2003 – 50 Ca 13851/03 – wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Vergütungszahlung in Anspruch.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.12.2003 die Klage abgewiesen. Dieses Urteil wurde dem Kläger am 29.01.2004 zugestellt.

Mit einem am 01. März 2004 (Montag) bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt.

Mit einem beim Landesarbeitsgericht am 29.03.2004 per Fax um 23.26 Uhr eingegangenem Schriftsatz (Bl. 130 d. A.) beantragt der Klägervertreter, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat zu verlängern. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der insoweit bisher zur Verfügung gestandene Zeitraum auf Grund einer starken Arbeitsüberlastung des Prozessbevollmächtigten nicht ausreichend gewesen sei. Dies werde anwaltlich versichert.

Mit Beschluss vom 01.04.2004 (Bl. 131 d. A.) ist der Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen worden. Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Hinweis auf die „starke Arbeitsüberlastung” keine hinreichende Begründung im Sinne von § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG sei, da hieraus nicht ausreichend zu erkennen sei, dass diese Gründe „erheblich” seien. Für den Bereich des LAG Berlin sei bekannt, dass derartige Anträge zurückgewiesen werden könnten (LAG Berlin vom 14.12.2000, MDA 2001, 770).

Mit einem beim Landesarbeitsgericht am 16. April 2004 eingegangenem Schriftsatz begründet der Kläger seine Berufung und stellt des Weiteren den Antrag, ihm Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird vorgetragen, dass der Prozessbevollmächtigte darauf habe vertrauen dürfen, dass die zur Begründung des Antrages auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist angeführte und durch eine entsprechende anwaltliche

Versicherung auch glaubhaft gemachte „starke Arbeitsüberlastung” in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtssprechung bzw. Handhabung auch durch das Landgericht Berlin und das Kammergericht sowie im Einklang mit der Literatur als erheblicher Grund im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG auch von der für das vorliegende Berufungsverfahren zuständigen Kammer des LAG Berlin bzw. dessen Vorsitzenden als ausreichend angesehen werde. Der Kläger sei deshalb ohne eigenes oder zuzurechnendes Verschulden an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen.

In einem weiteren Schriftsatz vom 08.05.2004 hat der Kläger diesbezüglich auf verfassungsrechtliche Grundsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 18.12.2003 war unzulässig, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 66 Abs. 1 ArbGG begründet worden war, §§ 522 Abs. 1 ZPO, 66 Abs. 2 ArbGG.

Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand konnte diesbezüglich nicht gewährt werden.

1.

Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei auf ihren Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, u.a. eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Ob ein Verschulden der Partei oder ihres Vertreters vorliegt, ist dabei nach einem objektiv-abstrakten Maßstab, nämlich demjenigen des § 276 Abs. 2 BGB, zu beurteilen. Maßgeblich ist die Sorgfalt einer ordentlichen Prozesspartei. Anwaltliches Verschulden ist der Partei gemäß 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

Bezogen auf das Gesuch zur Fristverlängerung, etwa im Hinblick auf die Berufungsbegründungsfrist, muss der Rechtsanwalt durch einen rechtzeitigen Antrag auf Fristverlängerung zunächst dafür sorgen, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird. Ein etwaiges Verlängerungsgesuch erfordert dann aber auch die schlüssige Angabe erheblicher Gründe” im Sinne der §§ 224 Abs. 2, 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG (Zöller-Greger, ZPO, § 233 Rnr. 23).

2.

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Beschluss vom 27. September 1994 (BAG vom 27.09.1994 – 2 AZB 18/94 – NZA 1995, 189) ausgeführt, ein Prozessbevollmächtigter könne jedenfalls solange auf eine positive Entscheidung über seinen Antrag auf Verlängerung einer Rechtsmittelbegründungsfrist beim LAG vertrauen, als im Vergleich zu einer höchstrichterlichen Rechtssprechung (BGH) nicht eine deutlich restriktivere Praxis des LAG in dessen Bezirk bekannt geworden ist. Das Bundesverfassungsgeri...

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