Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksame Rückzahlungsklausel über Ausbildungskosten ergänzende Vertragsauslegung. Zulässigkeit. Ausbildungskosten. Rückzahlungsklausel. unangemessene Benachteiligung. ergänzende Vertragsauslegung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine arbeitsvertraglich in einem Formularvertrag enthaltene Klausel betreffend die Rückzahlung von Ausbildungskosten ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, wenn erst im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung der Inhalt der Rückzahlungsklausel ermittelt werden kann.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 26.05.2004; Aktenzeichen 9 Ca 680/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.04.2006; Aktenzeichen 9 AZR 610/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen – vom 26.05.04 – Az.: 9 Ca 680/03 abgeändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Ausbildungskosten.

Der Beklagte, gelernter Maschinenbautechniker war bei der Klägerin vom 15.04.2000 bis 30.06.2003 beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 11.04.2000 zu Grunde. Ziel des Arbeitsverhältnisses war der Einsatz des Klägers als amtlich anerkannter Sachverständiger. Hierzu bedurfte es einer Ausbildung, welche der Beklagte in den Jahren 2001 und 2002 durchführte. Nachdem der Beklagte die Prüfung im Jahr 2002 zunächst nicht bestanden hat, schloß er die Ausbildung mit einer Wiederholungsprüfung am 06.08.2002 erfolgreich ab. Mit Ablegung der Prüfung wurde er amtlich anerkannter Sachverständiger mit Teilbefugnissen für den Kfz-Verkehr.

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält bezüglich der von der Klägerin übernommenen Ausbildungskosten nachfolgende Rückzahlungsregelung (Bl. 15 d. A.).

Ziff. 10.3 2. Absatz:

Wird das Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Ausbildung aus Gründen, die der Mitarbeiter zu vertreten hat, beendet, sind die gesamten bisher entstandenen Ausbildungskosten zurückzuzahlen.

Ziff.10.4 Die voraussichtlichen Ausbildungskosten werden ca. DM 15.000,00 betragen. Sie gelten für die Dauer von 2 Jahren ab dem Ausbildungsende als Vorschuss. Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf dieser Zeit beendet, verpflichtet sich der Mitarbeiter den Betrag der nach abgeschlossener Ausbildung genau ermittelt und dem Mitarbeiter gesondert mitgeteilt wird, anteilig an die T GmbH zu zahlen. Dabei wird für jeden Monat 1/24 verrechnet.

Mit Schreiben vom 30.05.2003 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2003 (Bl. 16 d. A.). Der Beklagte begründet die Kündigung mit erheblichen Vertragsverletzungen der Klägerin.

Mit Schreiben vom 02.07.2003 (Bl. 23 d. A.) machte die Klägerin Rückerstattung der Ausbildungskosten geltend. Die Klägerin machte 13/24 der von ihr mit insgesamt EUR 15.741,12 errechneten Ausbildungskosten, somit rechnerisch EUR 8.526,44 geltend. In der Kostenberechnung sind auch Reisekosten und Spesen für die notwendige Wiederholungsprüfung in Höhe von EUR 951,82 enthalten.

Die Klägerin hat ihren Rückzahlungsanspruch auf die arbeitsvertragliche Rückzahlungsklausel gestützt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, EUR 8.526,44 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Der Beklagte hat vorgetragen er sei durch die arbeitsvertragliche Rückzahlungsklausel über den tatsächlichen Umfang eines Rückzahlungsanspruches getäuscht worden, da dort die voraussichtlichen Ausbildungskosten mit ca. DM 15.000,00 bezeichnet worden seien. Der nunmehr mitgeteilte Betrag der Ausbildungskosten hat sich auf das Doppelte belaufen. Im Übrigen sei die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung durch die Klägerin veranlasst worden. Sie habe den Beklagten angewiesen, gesetzwidrige Handlungen vorzunehmen. Darüber hinaus sei er von der Klägerin gemobbt worden, was sich z. B. an einer Kürzung der Leistungszulage ohne Grund zeige.

Die Klägerin hat die vom Beklagten gegen sie erhobenen Vorwürfe bestritten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird der Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteiles in Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.05.2004 den Beklagten verurteilt an die Klägerin EUR 4.155,24 nebst Zinsen zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Rückzahlungsklausel der Ziff. 10.4 des Arbeitsvertrages sei wirksam, da der Beklagte durch die von der Klägerin finanzierte Ausbildung am Arbeitsmarkt verwertbare Qualifikationen erworben habe und auch die zweijährige Bindungsdauer nicht zu beanstanden sei. Die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung sei nicht von der Klägerin veranlasst worden. Selbst wenn der Klägerin Vertragsverletzungen vorzuwerfen seien, hätte der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen. Allerdi...

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