Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Oberarztes nach dem Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das tarifliche Merkmal der „nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit” ist im Rahmen des § 12 TV-Ärzte in der Entgeltgruppe 3 dann erfüllt, wenn dem Oberarzt „die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber” für einen Teil seines Tätigkeitsgebietes „übertragen worden ist”, der den erforderlichen Zeitanteil an seiner Gesamttätigkeit aufweist. Es ist nicht erforderlich, dass er im Rahmen dieser Teiltätigkeit in dem in § 12 TV-Ärzte, Eingangssatz bestimmten Zeitmaß spezifische Oberarzttätigkeiten ausübt. Die übertragene medizinische Verantwortung bestimmt seine Tätigkeit auch während der Zeit, in der er eigene Facharzttätigkeiten verrichtet.

2. Diese Voraussetzung kann auch in der Zeit vorliegen, in der in der Krankenhausstation die medizinische Verantwortung gleichberechtigt von zwei Oberärzten ausgeübt wird.

 

Normenkette

TVÜ-Ärzte § 4

 

Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 12.03.2008; Aktenzeichen 5 Ca 334/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.10.2010; Aktenzeichen 4 AZR 49/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 5. Kammer des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 12. März 2008 in der Kostenentscheidung aufgehoben und ansonsten wie folgt abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 11.923,52 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von je fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich je 800,00 EUR jeweils ab dem 01. eines Monats, erstmals ab 01. Dezember 2006 und letztmals ab 01. Oktober 2007, sowie aus weiteren 3.123,52 EUR seit 01. Mai 2007 zu bezahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.

3. Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

Gebührenstreitwert im zweiten Rechtszug: 11.923,52 EUR

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des beklagten Landes, dem Kläger für den Zeitraum November 2006 bis September 2007 Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 3 (Stufe 2) des Tarifvertrages für die Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) und für den Zeitraum Juni bis Oktober 2006 eine Zulage zu zahlen, die zu einer Gesamtvergütung des Klägers führt, die der Entgeltgruppe Ä 3 TV-Ärzte entspricht.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war seit 01. April 1999 an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums T. als Arzt beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lagen zunächst mehrere nacheinander befristete schriftliche Arbeitsverträge zugrunde, bezüglich deren Einzelheiten auf die in Fotokopie vorgelegten Vertragsurkunden (Anlage K1 bis K1b – BI. 33 bis 38 der Akte des Arbeitsgerichts) verwiesen wird. Zuletzt vereinbarten die Parteien mit schriftlich abgefasstem Vertrag vom 07.02.2005, dass der Kläger ab 01. April 2005 als Angestellter auf unbestimmte Zeit für die Tätigkeiten der Vergütungsgruppe lb BAT weiter beschäftigt und als Facharzt für Kinderheilkunde im Universitätsklinikum T. eingesetzt wird. Gemäß § 2 dieses Vertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme des gekündigten Tarifvertrages über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16.03.1977 und weiteren in § 2 genannten Einschränkungen. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die vorgelegte Fotokopie der Vertragsurkunde (Anlage K1c – Bl. 39-41 der Akte des Arbeitsgerichts) Bezug genommen. Insbesondere wurde unter § 5 des Arbeitsvertrags Folgendes vereinbart:

§ 5

Aufgaben des Angestellten

Herr Dr. H. wird gemäß § 53 Abs. 1 Landeshochschulgesetz (LHG) im Universitätsklinikum T. als Facharzt für Kinderheilkunde eingesetzt.

Daneben kann er nach näherer Bestimmung des vorgesetzten Universitätslehrers verpflichtet werden, den Studenten Fachwissen und praktische Fertigkeiten zu vermitteln und sie in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden zu unterweisen, soweit dies zur Gewährleistung des erforderlichen Lehrangebotes notwendig ist. Er hat den ihm vorgesetzten Universitätslehrer in der Forschung zu unterstützen.

Außerdem ist er verpflichtet, als Nebentätigkeit nach Maßgabe Nr. 5 der Sonderregelungen 2c zum BAT, im Universitätsklinikum sonstige Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens und der Schulen für nichtärztliche medizinische Berufe zu erfüllen.

Der Angestellte ist dem fachlich zuständigen Abteilungsleiter zu- und untergeordnet und unterliegt seinen Weisungen.

Im Einzelnen ergibt sich für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche folgendes:

  1. Forschung:

    Die Wahl der Forschungsthemen erfolgt in Abstimmung mit dem Abteilungsleiter oder nach dessen Weisung. Dies gilt auch für die Durchführung der Forschungsvorhaben, die Einwerbung von Drittmitteln und alle sonstigen in Zusammenhang mit Forschungsvorhaben stehenden Fragen,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge