Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzsicherung des Wertguthabens bei Altersteilzeit im Blockmodell. Anspruch auf Sicherheitsleistung bei Verletzung arbeitgeberseitiger Nachweispflichten. Übereinstimmende Erklärungen zur Teilerledigung der Hauptsache nach Schluss der mündlichen Verhandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit dem Begriff des "Wertguthabens" im Sinne des § 8 a Abs. 3 Satz 1 ATG ist das individuelle Wertguthaben des einzelnen Arbeitnehmers, demgegenüber der Nachweis der ergriffenen Sicherungsmaßnahmen zu erfolgen hat, gemeint.

2. Der Nachweis der ergriffenen Sicherungsmaßnahmen im Sinne des § 8 a Abs. 3 Satz 1 ATG umfasst die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vorlage von Unterlagen, die es dem betroffenen Arbeitnehmer ermöglichen, die Richtigkeit der Angaben des Arbeitgebers zu überprüfen.

3. Die Insolvenzsicherungspflicht nach § 8 a Abs. 1 Satz 1 ATG umfasst nicht die in der Freistellungsphase zu zahlenden Aufstockungsbeträge (wie LAG München 12. Januar 2011 - 11 Sa 707/10 -).

4. Übereinstimmende Teilerledigterklärungen der Hauptsache können nach Schluss der mündlichen Verhandlung, aber vor Verkündung einer Entscheidung wirksam abgegeben werden.

 

Normenkette

AltTzG § 8a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1; ZPO § 91a Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 25.07.2013; Aktenzeichen 23 Ca 848/13)

 

Tenor

  • I.

    Auf die übereinstimmenden Teilerledigterklärungen der Parteien wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2013 - 23 Ca 848/13 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

    • 1.

      Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Klägerin Sicherheit in Höhe von 69.092,18 € durch Stellung eines tauglichen Bürgen oder Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren, die nach § 234 Abs. 1 und Abs. 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind, zu leisten.

    • 2.

      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die wechselseitigen Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2013 - 23 Ca 848/13 - werden zurückgewiesen.

  • III.

    Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 29 % und die Beklagte 71 %.

  • IV.

    Die Revision wird für die Klägerin und für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte für das während der Arbeitsphase der Altersteilzeit aufgebaute Wertguthaben der Klägerin, den darauf entfallenden Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Aufstockungsbeträge Sicherheit nach § 8 a Abs. 4 ATG leisten muss.

Die am XX. Juli 19XX geborene Klägerin ist seit 11. Juni 1981 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Vertrag vom 28. Dezember 2006, bezüglich dessen Einzelheiten auf Blatt 11 bis 15 der ArbG-Akte verwiesen wird, vereinbarten die Parteien in Abänderung ihres bisherigen Arbeitsvertrages ein Altersteilzeitverhältnis im Blockmodell. Die Arbeitsphase der Klägerin dauerte vom 1. Dezember 2009 bis 30. November 2012. Ab 1. Dezember 2012 begann die Freistellungsphase, die bis 30. November 2015 andauert. Die Klägerin erhält neben ihrem entsprechend der reduzierten Arbeitszeit berechneten Altersteilzeitentgelt gem. § 5 des Altersteilzeitvertrags vom 28. Dezember 2006 einen Aufstockungsbetrag (82,5 % des um die gesetzlichen Abzüge verminderten Bruttovollzeitarbeitsentgelts). Im April 2012 trat die Klägerin mit der Frage nach einer Insolvenzsicherung des Altersteilzeitwertguthabens an die Beklagte heran. Es stellte sich heraus, dass die Beklagte keine Insolvenzsicherung durchgeführt hatte. Mit E-Mail vom 28. November 2012 bat die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis 12. Dezember 2012 um einen Nachweis der gesetzlichen Insolvenzsicherung. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 30. November 2012 und erklärte, eine Information werde spätestens in den nächsten Wochen erfolgen. Mit Anwaltsschreiben vom 11. Dezember 2012 (Bl. 20 f. der ArbG-Akte) forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis zum 28. Dezember 2012 die Insolvenzsicherung ihres Wertguthabens in Höhe von 109.987,01 € nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 (Bl. 17 der ArbG-Akte) teilte die Beklagte der Klägerin auszugsweise Folgendes mit:

"Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass seit 29.11.2012 eine Treuhandvereinbarung zwischen der F. V. GmbH & Co. KG und der D. T. S. besteht. Diese mit Wirkung vom 1.11.2012/23.11.2012 vereinbarte Regelung dient zur Vornahme der Insolvenzsicherung von Mitarbeiteransprüchen aus Altersteilzeitwertguthaben gemäß § 8a ATG.

Die Treuhandvereinbarung umfasst auch die K. & V. GmbH und die K. & O. V. GmbH.

Als Treuhänder ist die T. S. gehalten, ihr treuhänderisch im Rahmen der Zweckbindung überlassenes Vermögen als Sicherungswert zu verwahren und im Insolvenzfall die Mitarbeiteransprüche aus dem vorhandenen Treuhandvermögen zu befriedigen.

Für Sie bestehen Sicherungswerte in Höhe von 153,755,64 €.

Ihr aktuelles Wertguthaben (bisher aufgebautes bzw. abzüglich bereits abgebautes Entgelt und Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung) können Sie der monatlichen Entgeltabrechnung entnehmen."

Die Beklagte übersandte ...

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