Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtlicher Vergleich. Scheinprozess

 

Leitsatz (amtlich)

1. Anforderungen an die Anfechtung einer Vereinbarung über eine weitere befristete Beschäftigung gem. § 123 BGB wegen rechtswidriger Drohung.

Qualitative Anforderungen an einen gerichtlich protokollierten Vergleich als Vergleich i. S. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG.

2. Wird in einem abgesprochenen Protokollierungstermin die Klageschrift über eine Entfristungsklage durch Übergabe an den Richter eingereicht, sodann nach vorgefertigtem Text ein Vergleich protokolliert, liegt kein gerichtlicher Vergleich i. S. § 14 Abs. 1 Satz 2, Nr. 8 TzBfG vor.

3. Ein gerichtlicher Vergleich i. S. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG erfordert, dass dieser Vergleich zur Beilegung eines offenen Streites der Parteien abgeschlossen wird.

 

Normenkette

BGB § 123; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 23.03.2004; Aktenzeichen 3 Ca 632/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 23.03.2004 – Az.: 3 Ca 632/03 abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das im Gerichtsvergleich vom 12.08.2003, Az.: 3 Ca 416/03 vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 30.09.2004 geendet hat.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer in einem vor dem Arbeitsgericht Freiburg abgeschlossenen Vergleich enthaltenen Befristung nicht zum 30.09.2004 beendet.

Die Klägerin war vor Vereinbarung des streitgegenständlich befristeten Vertrages schon in der Zeit vom 25.11.2002 bis 31.08.2003 als Lektorin für Französisch mit 75 % der regelmäßigen Arbeitszeit befristet, beschäftigt. Die damalige Befristung stützte sich auf den Sachgrund der Vertretung, da der Stelleninhaber, Herr W., für eine Tätigkeit an der Universität L. bis 31.08.2003 beurlaubt war. Herr W. kündigte allerdings mit Schreiben vom 12.01.2003 sein Arbeitsverhältnis mit der Universität.

Zuvor war die Klägerin bereits im Wintersemester 1999/2000 beim beklagten Land beschäftigt gewesen.

Während des Laufes des bis 31.08.2003 befristeten Vertrages wurden zwischen dem Leiter des R. Seminars, Prof. Dr. H. sowie der Klägerin Gespräche über eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den 31.08.2003 hinaus geführt, ein entsprechender Weiterbeschäftigungsantrag bis 30.09.2004 wurde seitens des Seminars gestellt.

Im weiteren Verlauf entstanden bei der Personalabteilung Zweifel, ob nach der Gesetzeslage eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtlich zulässig sei. Am 08.08.2003 erschien die Klägerin bei dem für sie zuständigen Sachbearbeiter, Herrn P., um einen Vertrag über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses abzuschließen. Hierbei erfuhr die Klägerin von Herrn P., dass der Personalleiter, Herr M., für den Vertrag zuständig sei. Ob, durch wen und in welchem Umfang die Klägerin zu diesem Zeitpunkt über das beabsichtigte Procedere unterrichtet war, ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.

Am 12.08.2003 teilte Herr M. der Klägerin jedenfalls mit, man müsse sich um 11:00 Uhr beim Arbeitsgericht treffen.

Herr M. hatte an diesem Vormittag telefonisch mit der Richterin am Arbeitsgericht Freiburg, Frau Dr. S., Kontakt aufgenommen, wegen der Möglichkeit, der Protokollierung eines Vergleiches. Frau Dr. S. hatte angeboten einen Vergleich im Termin um 11:00 Uhr zu protokollieren. Zu diesem Zweck hatte Herr M. unter dem Briefkopf der Klägerin eine Klageschrift entworfen, welche sich gegen die zum 31.08.2003 auslaufende Befristung richtete. Gleichzeitig hatte Herr M. einen Vergleichsentwurf formuliert, in welchem die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis 30.09.2004 vorgesehen war.

Sowohl den Klageentwurf wie den Vergleichsentwurf faxte Herr M. der Klägerin auf deren Bitte vor dem Termin 11:00 Uhr zu.

Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass im Zusammenhang mit diesem Procedere von Seiten der Beklagten, (Herrn P. oder Herrn M. oder von beiden) die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass für den Fall, dass die vorgesehene Vereinbarung nicht zustande komme, eine Weiterzahlung des Gehalts über den 31.08.2003 nicht möglich sei.

Die Klägerin unterzeichnete sodann beim Arbeitsgericht Freiburg vor Aufruf der Sache die von Herrn M. formulierte Klageschrift, welche zu Beginn des Termins der Richterin ausgehändigt wurde, wobei Herr M. auf eine förmliche Zustellung der Klage verzichtete. Die Parteien schlossen dann entsprechend dem von Herrn M. entworfenen Vergleichsentwurf einen Vergleich über die Fortführung des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis 30.09.2004.

Mit Schriftsatz vom 05.11.2003 beantragte die Klägerin, das Verfahren wieder aufzunehmen und beantragte, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis über den 30.09.2004 hinaus zu den Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom 21.11.2002 unbefristet fortbesteht. Zur Begründung verwi...

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