Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtlicher Vergleich als Befristungsgrund. Scheinprozess

 

Leitsatz (redaktionell)

Der gerichtliche Vergleich als Sachgrund für eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG setzt voraus, dass der er im Rahmen eines Bestandsschutzrechtsstreites geschlossen wird. Diesen Anforderungen wird aber ein Vergleich nicht gerecht, der in einem lediglich zum Schein geführten Prozess zu Protokoll des Gerichts gegeben wird.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8, § 17

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 23.03.2004; Aktenzeichen 3 Ca 632/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.04.2006; Aktenzeichen 7 AZR 366/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 23.03.2004 – Az.: 3 Ca 632/03 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das im Gerichtsvergleich vom 12.08.2003 – Az.: 3 Ca 416/03 vereinbarte Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht mit Ablauf des 30.09.2004 geendet hat.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Mit vorliegender Klage begehrt die Klägerin Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer in einem vor dem Arbeitsgericht Freiburg abgeschlossenen Vergleich enthaltenen Befristung nicht zum 30.09.2004 beendet ist.

Die Klägerin war vor Vereinbarung des streitgegenständlichen befristeten Vertrages schon in der Zeit vom 25.11.2002 bis 31.08.2003 als Lektorin für Französisch mit 65 % (berichtigt: 75 %) der regelmäßigen Arbeitszeit befristet beschäftigt. Die damalige Befristung stützte sich auf den Sachgrund der Vertretung, da der Stelleninhaber, Herr W, für eine Tätigkeit an der Universität L bis 31.08.2003 beurlaubt war. Herr W kündigte allerdings mit Schreiben vom 12.01.2003 sein Arbeitsverhältnis mit der Universität.

In der Folgezeit wurden zwischen dem Leiter des romanischen Seminars Prof. Dr. H sowie der Klägerin Gespräche über eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den 31.08.2003 hinaus geführt, ein entsprechender Weiterbeschäftigungsantrag bis 30.09.2004 wurde seitens des Seminars gestellt. Die Personalabteilung äußerte Zweifel, ob angesichts der Bestimmung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtlich zulässig sei. Zur Lösung dieses Problems schlug die Personalabteilung vor, eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses in einem gerichtlichen Vergleich zu vereinbaren. Ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt die Klägerin in diese Überlegungen eingebunden worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Am Vormittag des 12. August führte der Leiter der Personalabteilung, Herr M ein Telefonat mit der Richterin am Arbeitsgericht Freiburg Frau Dr. S über die Möglichkeit des Abschlusses eines Vergleiches. Frau Dr. S, die an diesem Tag Güteverhandlungen hatte, bot an, einen Vergleich in einem Termin um 11:00 Uhr zu protokollieren. Herr M bat die Klägerin, um 11:00 Uhr beim Arbeitsgericht zu erscheinen. Er entwarf unter dem Briefkopf der Klägerin eine Klageschrift und formulierte einen Vergleichstext. Vor Eintritt in den Sitzungssaal unterzeichnete die Klägerin die von Herrn M entworfene Klageschrift. Wegen des Inhaltes der Klageschrift sowie des Vergleichstextes wird verwiesen auf das beigezogene Verfahren 3 Ca 416/03.

In dem anschließenden Termin, zu dessen Beginn der Richterin die Klage ausgehändigt wurde und Herr M auf förmliche Zustellung der Klage verzichtete, schlossen die Parteien entsprechend dem von Herrn M entworfenen Vergleichsentwurf einen Vergleich über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Parteien bis 30.09.2004.

Am 06.11.2003 erhob die Klägerin Entfristungsklage.

Wegen des weiteren Sachverhaltes sowie des Vortrags der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts.

Mit Verfügung vom 19.03.2004 holte das Arbeitsgericht eine dienstliche Stellungnahme bei Frau Dr. S über den Verlauf des Termins vom 12.08.2003 ein. Zum Inhalt der dienstlichen Stellungnahme wird verwiesen auf Blatt 54 d. Vorakten.

Mit Schreiben vom 05.11.2003 hatte der Klägervertreter gegenüber der Universität Anfechtung des Vergleiches erklärt. Allerdings hat die Klägerin das Verfahren 3 Ca 416/03, in welchem der Vergleich abgeschlossen ist, nicht fortgeführt. Eine solche Fortführung ist durch die Klägerin auch nicht beabsichtigt.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.03.2004 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das Gesetz stelle in § 14 Abs. 1 Satz 3 Nr. 8 TzBfG keine weiteren Anforderungen an einen gerichtlichen Vergleich. Diese Vorschrift sei rein verfahrensrechtlich ausgelegt. Entscheidend sei lediglich, dass der gerichtliche Vergleich förmlich ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Damit aber sei die Befristung unabhängig von den Umständen, unter denen der Vergleich zustande gekommen sei, sachlich gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Urteilsgründe werden die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in Bez...

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