Entscheidungsstichwort (Thema)

Elektronische Zugangskontrolle. Mitbestimmungsrecht. NATO-Truppenstatut

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretung aus § 75 Abs. 3 Nr. 15 und § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG wird durch Abschnitt 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut nicht eingeschränkt.

2. Ein Antrag, mit dem „in Bezug auf” eine geplante Maßnahme des Arbeitgebers ein Beteiligungsrecht der Betriebsvertretung festgestellt werden soll, ist nicht hinreichend bestimmt.

3. Die Einführung eines elektronischen Zugangskontrollsystems löst ein Mitbestimmungsrecht der Hauptbetriebsvertretung nach § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG und § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG aus.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 3 Nrn. 15, 17; ZPO § 256 Abs. 1; ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9

 

Verfahrensgang

ArbG Mannheim (Beschluss vom 08.12.2003; Aktenzeichen 11 BV 15/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 11.12.2007; Aktenzeichen 1 ABR 67/06)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Hauptbetriebsvertretung wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 08.12.2003 – Az.: 11 BV 15/03 – abgeändert.

2. Auf den Hilfsantrag der Hauptbetriebsvertretung wird festgestellt, dass der Hauptbetriebsvertretung bei der Einführung einer Common Access Card (CAC) ein personalvertretungsrechtliches Beteiligungsrecht gemäß §§ 75 Abs. 3 Nr. 17, 69 BPersVG zusteht.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

3. Im Umfang der Zurückweisung des Feststellungsantrags wird die Beschwerde zurückgewiesen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob durch eine Ergänzung des Unterzeichnungsprotokolls zum NATO-Truppenstatut Beteiligungsbefugnisse der Hauptbetriebsvertretung beschränkt worden sind.

Antragstellerin ist die beim H Hauptquartier von „U” der US-Armee bestehende Hauptbetriebsvertretung. Sie nimmt als oberste Stufenvertretung die Vertretung der zivilen Arbeitskräfte für diesen Teil der amerikanischen Streitkräfte nach den Bestimmungen des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) und dem Unterzeichnungsprotokoll (UP) zu Art. 56 Abs. 9 hierzu in Verbindung mit dem Bundespersonalvertretungsgesetz wahr.

Antragsgegnerin ist die Bundesrepublik Deutschland als Prozessstandschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika.

Nach Erlangung der deutschen Einheit verhandelte die Bundesrepublik mit den Regierungen der Stationierungsstreitkräfte, um eine Verbesserung der bisherigen personalvertretungsrechtlichen Stellung der Betriebsvertretungen zu erreichen. Die in der Zeit zwischen Anfang September 2001 und Mitte Januar 2003 geführten Verhandlungen führten zu dem Änderungsabkommen des Unterzeichnungsprotokolls (UP) vom 18.03.1993. Dieser völkerrechtliche Vertrag bedurfte der – zeitaufwendigen – Ratifizierung der beteiligten Staaten, so dass er erst am 29.03.1998 in Kraft treten konnte.

Abschnitt 1 des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens bestand bis dahin aus folgenden drei Sätzen:

Satz 1:

Dienststellen i. S. des Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 15. März 1974 (BGBl. …) mit späteren Änderungen bis einschließlich der Änderung vom 16. Januar 1991 (…) – im Folgenden als das „Gesetz” bezeichnet – sind die einzelnen Verwaltungsstellen und Betriebe einer Truppe und eines zivilen Gefolges in der Bundesrepublik nach näherer Bestimmung durch die betreffende Truppe.

Satz 2:

Mittelbehörden sind die der obersten Dienstbehörde einer Truppe verwaltungsmäßig unmittelbar unterstellten Behörden, denen verwaltungsmäßig weitere Dienststellen nachgeordnet sind.

Satz 3:

Oberste Dienstbehörden sind die Hauptquartiere einer Truppe, wie sie von den entsprechenden Entsendestaaten näher bestimmt werden, und die die endgültige Entscheidung über Angelegenheiten haben, an denen die Betriebsvertretungen beteiligt sind.

Dieser Abschnitt wurde um nachstehenden Satz 4 ergänzt:

Werden Entscheidungen oberhalb der Ebene der obersten Dienstbehörde getroffen, so sorgt die Truppe dafür, dass die Betriebsvertretung ohne Verzögerung unterrichtet wird.

Der Wortlaut dieses Satzes 1 war von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ministerialrat Dr. … Bundesministerium für Arbeit und Soziales, formuliert und als Vorschlag in die Verhandlungen eingebracht worden, nachdem sich insbesondere die Vertreter der USA gegen ein Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretungen bei Entscheidungen, die oberhalb der obersten Dienstbehörde in den Staaten gefasst worden waren, verwahrt hatten.

Am 05.06.2003 unterrichteten die Streitkräfte der US-Armee die Hauptbetriebsvertretung (Antragstellerin) darüber, u. a. folgende Maßnahme durchführen zu wollen:

„… Auch die Einführung der „Department of Defense (DoD)” Common Access Card (CAC)” als „Zugangsschlüssel zum Personal Computer und gegebenenfalls als Zugangsschlüssel zu ihren jeweiligen Büros für alle ortsansässigen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, die einen entsprechenden Zugang benötigen, erfolgt auf strikte Anweisung des U. S. Verteidigungsministeriums. Entsprechend ist ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge