Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert der Kündigungsschutzklage. keine Abhängigkeit vom Vorliegen eines Kündigungsschutzes. Bewertung nach dem wirtschaftlichen Interesse. mehrere Kündigungen in einem Verfahren. wirtschaftliche Identität mehrerer Kündigungsschutzklagen und wirtschaftliche Teilidentität bei gleichzeitiger Klage auf Beschäftigung aufgrund des streitigen Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Bewertung eines gegen eine Kündigung gerichteten Feststellungsantras kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis und die Person des Arbeitnehmers Kündigungsschutz genießen.

2. Die Werte für eine Kündigungsschutzklage, für einen Feststellungsantrag nach § 256 ZPO und für einen Weiterbeschäftigungsantrag sind nicht zu addieren, denn es besteht Teilidentität.

3. Der Wert des Streitgegenstands für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses ist mit 500 Euro anzunehmen.

 

Normenkette

GKG § 42; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Heilbronn (Beschluss vom 13.12.2007; Aktenzeichen 7 Ca 440/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 13. Dezember 2007 – 7 Ca 440/07 – unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde abgeändert: Der Streitwert wird auf 10.371,82 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts nach § 63 Abs. 2 GKG.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens war unter Klageantrag zu 1 ein Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, das zuvor etwas mehr als drei Monate bestanden hatte, seitens der Beklagten. Darüber hinaus hat die Klägerin durch den Klageantrag zu 2 geltend gemacht, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet habe, sondern „zu unveränderten Bedingungen über den 31.10.2007 hinaus fortbesteht”. Gegenstand des Klageantrags zu 3 war die Weiterbeschäftigung der Klägerin als Krankenschwester, unter Nr. 4 hat sie Entgelt für behauptete Überstunden in Höhe von 2.777,32 EUR und unter Nr. 5 die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangt.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für die Klageanträge zu 1 bis 3 auf 2.364,83 EUR (eine Bruttomonatsvergütung der Klägerin) und für den Antrag zu 5 auf 500,00 EUR festgesetzt. Wegen der Begründung wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 33/34 der Akte).

Mit der Beschwerde verlangen die Beteiligten zu 1 die Festsetzung des Streitwerts in Höhe eines Quartalsgehalts für die Feststellungsklage und für das Zeugnis, wie in der Klageschrift angegeben, in Höhe von 3.000,00 EUR. Für den Beschäftigungsantrag hat die Klägerin in der Klageschrift einen Betrag von 5.000,00 EUR genannt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde ist zum Teil auch in der Sache gerechtfertigt. Der Streitwert ist für die Klageanträge zu 1 bis 3 zu niedrig festgesetzt worden. Im Übrigen sind die Einzelfestsetzungen nicht zu beanstanden.

1. Das Arbeitsgericht meint im angegriffenen Beschluss, der Rahmen des § 42 Abs. 1 Satz 4 GKG könne nicht voll ausgeschöpft werden, weil die Klägerin keinen Kündigungsschutz genieße. Diese Auffassung ist ermessensfehlerhaft im Sinne des § 3 ZPO, der im Rahmen des § 42 Abs. 4 über § 48 Abs. 1 GKG anzuwenden ist. Der Streitwert hängt nach allgemeiner Überzeugung nicht von der Zulässigkeit oder Schlüssigkeit der Klage ab, sondern – bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten wie der vorliegenden – ausschließlich von dem mit der Klage verfolgten wirtschaftlichen Ziel. Das stellt auch das Bundesarbeitsgericht in seiner weithin nicht befolgten Entscheidung vom 30. November 1984 (2 AZN 572/82 (B) – AP ArbGG 1979 § 12 Nr. 9) nicht in Abrede, sondern ist nur der Auffassung, ein nur kurzfristig bestehendes Arbeitsverhältnis verkörpere einen wirtschaftlich geringeren Wert als ein längerfristiges mit erstarktem Kündigungsschutz. Dies kann aber ebenfalls nicht überzeugen, da ein Arbeitnehmer nicht vom Kündigungsschutz lebt, sondern von der Vergütung, die er für seine Arbeitsleistung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erhält. Daraus ist sein wirtschaftliches Interesse abzuleiten. Deshalb kommt es darauf an, von welcher Dauer der jeweilige Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung ausgeht (§ 40 GKG), nicht aber, wie lange das Arbeitsverhältnis schon bestand. Ob sein Vorbringen schlüssig ist, ist, wie stets, nicht von Bedeutung. Beide Feststellungsanträge sind deshalb jeweils mit dem Betrag eines Vierteljahreseinkommens nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG zu bewerten, da hier die Klägerin von einer Fortdauer des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit ausgeht. Dies sind 7.094,50 EUR.

2. Zwischen beiden Feststellungsanträgen besteht aber wirtschaftliche Identität, da sie wirtschaftlich dasselbe Ziel verfolgen, nämlich den Fortbestand des Vertragsverhältnisses. Deshalb sind diese Werte nicht nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren. Wo trotz prozessualer Anspruchsmehrheiten keine...

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