Blendwirkungen, sog. Reflexionen aufgrund der Wirkung von Naturkräften (z. B. Sonneneinstrahlung), die vom Nachbargrundstück ausgehen, sind im Allgemeinen nicht abwehrfähig, weil es sich um sog. negative Einwirkungen handelt (vgl. hierzu Kap. 2.4.1).

 
Praxis-Beispiel

Weißer Fassadenanstrich

Gegen den weißen Fassadenanstrich eines Gebäudes kann nicht mit der Nachbarklage vorgegangen werden.[1] Die behauptete Blendwirkung des Fassadenanstrichs in dem vom OLG Düsseldorf zu entscheidenden Fall war durch das Sonnenlicht und damit durch Naturkräfte verursacht, für die der Hauseigentümer nicht einzustehen habe. Hier gelte der Grundsatz, dass die durch Sonnenstrahlung auf die weiße Fassade verursachte Blendwirkung ebenso wenig abgewehrt werden könne, wie Wind oder Regen, die von einem Nachbarhaus auf das eigene Grundstück zurückgeworfen werden.

Gleiches gilt bei einer Blendwirkung durch glänzende Dachziegel[2]

Eigentumsstörung bejaht

Die Abgrenzung kann aber fließend sein. Im Gegensatz zum OLG Düsseldorf hat das LG Frankfurt a. M.[3] eine durch den Nachbarn abwehrfähige Störung bejaht, wenn die Blendwirkung von einer halbrunden Glaskuppel stammt, die den Sonnenschein zu einem konzentrierten Lichtstrahl bündelt, der in die Aufenthaltsräume eines benachbarten Bürogebäudes dringt und bei den dort Beschäftigten Augenschmerzen verursacht. Nach Auffassung des Gerichts unterscheidet sich die Blendwirkung durch die Glaskuppel ganz entscheidend von der Lichtreflexion durch einfache Glasfenster, die nicht abwehrbar sei.

Auch das OLG Stuttgart hat einer Nachbarklage stattgegeben und eine Eigentumsstörung bejaht, weil von einem Oberlicht starke Reflexionen bei Sonneneinstrahlung ausgegangen sind. Obwohl die Reflexionen Folge der Sonneneinstrahlung und damit eines Naturereignisses waren, beruhte die Eigentumsstörung (auch) darauf, dass der Nachbar die Störung durch eigene Handlungen (mit-)verursacht habe. In dem zu entscheidenden Fall wurden wegen einer verpfuschten Handwerkerleistung die vormals geplanten Maßnahmen gegen Reflexblendungen zurückgebaut.[4]

Auch das LG Düsseldorf[5] hat der Nachbarklage eines Wohnungsmieters (gemäß §§ 862 Abs. 1, 906 BGB) stattgegeben, der sich durch ständig wechselnde Reflexionen von Sonnenlicht auf wehenden Fahnen gestört fühlte, die als Werbeträger auf dem Nachbargrundstück aufgestellt waren. Nachts setzten sich die störenden Lichtreflexe durch die von den Fahnen zurückgeworfene Straßenbeleuchtung fort. Nach Auffassung des Gerichts ist dem Wohnungsmieter nicht zuzumuten, Abhilfe durch zugezogene Vorhänge und Gardinen zu schaffen, da hierdurch ein normales Wohnen unmöglich gemacht werde.

Auch Blendwirkungen von einer das Sonnenlicht reflektierenden Photovoltaikanlage des Nachbarn muss ein Grundstückseigentümer nicht hinnehmen.[6] Anders dann, wenn lediglich eine geringe Blendung vorliegt.[7]

Alles in allem kann von einer einheitlichen Rechtsprechung kaum die Rede sein. Zumindest im "Fahnenfall" hätte es nahegelegen, sog. optische und außerdem durch Naturkräfte verursachte Belästigungen anzunehmen und einer Beseitigungsklage des Nachbarn nicht stattzugeben.

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