Eine Härte kann nicht allein auf Schwierigkeiten bei der Ersatzwohnraumbeschaffung infolge einer angespannten Wohnungslage gestützt werden, die auch zum Erlass von Verordnungen (z. B. über eine Mietpreisbremse) geführt hat, die diesem Umstand Rechnung tragen. Eine festgestellte bzw. in solchen Verordnungen zugrunde gelegte angespannte Wohnlage kann allenfalls ein Indiz für einen Härtegrund sein. Hinzu kommen müssen weitere konkrete Umstände des Einzelfalls.[1] Insofern müssen zusätzliche Erschwernisse vorliegen, z. B. eine besondere berufliche oder familiäre Situation.

Ferner ergibt sich eine unzumutbare Härte nicht aus dem Umstand, dass der Mieter derzeit ohne regelmäßiges Arbeitseinkommen ist, aber erst nach dem Aufbrauchen eigener Ersparnisse Anspruch auf staatliche Transferleistungen haben wird und daher mangels Nachweises eines regelmäßigen Einkommens derzeit schlechte Chancen auf dem Wohnungsmarkt hat.[2]

 
Praxis-Beispiel

Alter, Krankheit oder Mietdauer als Härtegründe

Ein hohes Alter oder eine lange Mietdauer mit einer damit einhergehenden Verwurzelung im bisherigen Umfeld stellen grundsätzlich ohne weitere Feststellungen zu den sich hieraus ergebenden Folgen eines Wohnungswechsels keine Härte dar. Der Annahme, das hohe Lebensalter des Mieters gebiete auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters in der Regel die Fortsetzung des Mietverhältnisses, liegt eine unzulässige Kategorisierung der (nach § 574 BGB) abzuwägenden Interessen der Mietparteien zugrunde.[3]

Auch bei hohem Alter und langer Mietdauer muss sich der Mieter um angemessenen Ersatzwohnraum bemühen. Dies gilt auch dann, wenn er nur eine geringe Rente von 800 EUR monatlich bezieht.[4]

Erst wenn zu diesen Umständen Erkrankungen hinzukommen, aufgrund derer beim Mieter im Fall des Herauslösens aus seiner näheren Umgebung eine Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustands zu erwarten ist, kann dies in der Gesamtschau zu einer Härte führen.[5]

Dabei ist allerdings allein über die belegte Krankenhaushistorie zu den Erkrankungen des Mieters noch nicht hirneichend dargetan, dass der erzwungene Wohnungswechsel für den Mieter eine Härte bedeuten würde. Vielmehr ist dazulegen, auf welche Weise ein solcher Wohnungswechsel den Gesundheitszustand des Mieters verschlechtern würde.[6]

Auch eine langjährige Mietdauer lässt für sich genommen noch nicht auf eine tiefe Verwurzelung des Mieters am Ort der Mietsache schließen. Vielmehr hängt deren Entstehung maßgeblich von der individuellen Lebensführung des jeweiligen Mieters (Pflegen sozialer Kontakte in der Nachbarschaft etc.) ab.[7]

Andererseits können auch die Interessen eines betagten, multipel schwer erkrankten und seit 40 Jahren in der für den Eigenbedarf beanspruchten Wohnung lebenden Mieters im Einzelfall durch ein vorrangiges Vermieterinteresse überlagert sein, z. B. wenn sich der gewünschte Umzug der Kinder des Vermieters in die eigene, größere Wohnung für die weitere Entwicklung der beiden Kinder des Vermieters als äußerst vorteilhaft darstellt. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mieter trotz seines Alters und seiner Krankheit noch ausreichend mobil und orientiert ist und ein Umzug nicht zu einer drastischen dauerhaften Verschlechterung seiner Lebenssituation bzw. einer akuten Gefährdung seiner Gesundheit führen wird.[8]

 
Praxis-Beispiel

Prüfung, Schulwechsel, Schwangerschaft als Härtegrund

Besonders gelagerte berufliche Verhältnisse (z. B. Prüfungsvorbereitungen) oder Ausbildungserschwernisse für die Kinder (z. B. umzugsbedingter Schulwechsel oder Erschwerungen beim Schulbesuch) können im Einzelfall ebenso einen Härtegrund darstellen wie auch eine Schwangerschaft[9] oder besonderer Kinderreichtum in Bezug auf die Schwierigkeiten bei der Ersatzwohnraumbeschaffung.[10]

 
Praxis-Beispiel

Familie mit 2 Kleinkindern vs. kranker Mieter

Dabei ist es nicht zu beanstanden, wenn den existenziellen Belangen der vierköpfigen Familie des Vermieters mit 2 kleinen Kindern Vorrang vor den Interessen auch eines erheblich erkrankten Mieters eingeräumt wird.[11]

[2] BGH, Beschluss v. 22.8.2017, VIII ZR 19/17, WuM 2017 S. 721.
[9] LG Dortmund, WuM 1966 S. 40.
[10] LG Wuppertal, WuM 1968 S. 109.

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