Leitsatz

Die Angabe der Gründe für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist eine bloße Obliegenheit des Vermieters, aus deren Verletzung der Mieter keine Schadensersatzansprüche (hier: Kosten eines außergerichtlich eingeschalteten Anwalts) herleiten kann.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 280 Abs. 1 Satz 1; 573 Abs. 3 Satz 1

 

Kommentar

Der Vermieter hat das Wohnraummietverhältnis unter Bezugnahme auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Eigenbedarf) gekündigt. Eine weitere Begründung enthielt das Kündigungsschreiben nicht. Der vom Mieter beauftragte Rechtsanwalt hat die Kündigung aus diesem Grund zurückgewiesen und dem Vermieter die hierdurch entstandenen Kosten in Höhe von ca. 670 EUR in Rechnung gestellt. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Vermieter auf Schadensersatz haftet, wenn er eine formell unwirksame Kündigung ausspricht.

Der Ersatzanspruch kann sich nur aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ergeben. Danach setzt der Anspruch voraus, dass der Vermieter eine sich aus dem Mietverhältnis ergebende Pflicht verletzt. Nach § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB sind bei der ordentlichen Kündigung die "Gründe für ein berechtigtes Interesse" an der Vertragsbeendigung in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Wird wegen Eigenbedarfs gekündigt, so genügt es nicht, wenn in dem Kündigungsschreiben lediglich darauf hingewiesen wird, dass "Eigenbedarf" geltend gemacht wird. Vielmehr muss der Vermieter den Sachverhalt mitteilen, aus dem sich der Bedarf ergibt. Fehlt es hieran, so ist die Kündigung unwirksam.

Mit dieser Rechtsfolge hat es sein Bewenden. Der BGH führt aus, dass das Begründungserfordernis in § 573 Abs. 3 BGB nicht als "Pflicht" i.S.d. § 280 BGB, sondern als bloße "Obliegenheit" zu bewerten ist. Die Verletzung einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht führt zum Schadensersatz. Wird demgegenüber eine Obliegenheit verletzt, so ist dies zwar mit Rechtsnachteilen – in der Regel mit der Unwirksamkeit einer Erklärung – verbunden; der Vertragspartner kann hieraus aber keine eigenen Ansprüche herleiten.

Anmerkung

Von den Fällen der fehlenden oder unzureichenden Angabe der Kündigungsgründe sind jene Fälle zu unterscheiden, in denen der Vermieter einen in Wirklichkeit nicht vorhandenen Kündigungsgrund behauptet. Die Angabe unzutreffender Kündigungsgründe ist nach der Rechtsprechung als Pflichtverletzung zu bewerten (BGH, Urteil v. 18.5.2005, VIII ZR 368/03, WuM 2005 S. 521).

Vergleichbares gilt für Mieterhöhungserklärungen. Die Begründungserfordernisse der §§ 557b Abs. 3, 558a, 559b und 560 Abs. 1 BGB zählen zu den Obliegenheiten. Werden in der Erhöhungserklärung dagegen fehlerhafte Tatsachenbehauptungen aufgestellt, so ist hierin eine Pflichtverletzung zu sehen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 15.12.2010, VIII ZR 9/10, WuM 2011 S. 33

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