Leitsatz

Für eine Kündigung reicht es nicht aus, wenn sich ein Mitarbeiter im Kollegenkreis kritisch über den Arbeitgeber äußert, denn in einem vertraulichen Gespräch gefallene Äußerungen werden vom Recht auf Privatsphäre geschützt.

 

Sachverhalt

Kritische Äußerungen über den Arbeitgeber, die in einem vertraulichen Gespräch zwischen Kollegen gefallen sind, rechtfertigen keine fristlose Kündigung. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Mitarbeiter davon ausgehen durfte, der Inhalt des Gesprächs werde vertraulich bleiben, auch wenn er sich in diesem Punkt offensichtlich irrte. Das Gericht gab der Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin statt. Sie hatte sich in einem Plausch mit einer Auszubildenden kritisch über den Arbeitgeber und die Betriebsatmosphäre geäußert. Dieser erfuhr von der Kritik und kündigte der Mitarbeiterin wegen übler Nachrede und Beleidigung fristlos. Das LAG sah dafür keinen Anlass. Zwar könne eine Ehrverletzung durchaus die fristlose Kündigung rechtfertigen. In einem vertraulichen Gespräch gefallene Äußerungen würden jedoch vom Recht auf Privatsphäre geschützt. Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre sei eine Betätigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

Ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetze und Kollegen in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen können eine Kündigung u.U. deswegen nicht rechtfertigen, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG den besonderen Schutz der vertraulichen Kommunikation innerhalb der Privatsphäre als Ausdruck der Persönlichkeit gebietet. Arbeitnehmer sind nicht gehalten, von ihren Arbeitgebern nur positiv zu denken und sich in ihrer Privatsphäre ausschließlich dementsprechend zu äußern. Hebt allein der Gesprächspartner gegen den Willen des sich negativ über seinen Arbeitgeber äußernden Arbeitnehmers die Vertraulichkeit auf, kann dies arbeitsrechtlich nicht zulasten des auf die Vertraulichkeit des Gesprächs bauenden Arbeitnehmers gehen. Die Kündigung war daher unwirksam.

 

Link zur Entscheidung

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 8.9.2009, 1 Sa 230/09.

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