1. Dem besonderen Schutzbedürfnis von Radfahrern vor Schädigungen im Straßenverkehr durch "Entmischung" der Verkehrsteilnehmer trägt die StVO durch die Einrichtung von Radwegen Rechnung (§ Abs. 4 StVO). Personen im Alter von über zehn Jahren trifft eine Radwegbenutzungspflicht, wenn dies durch die Zeichen 237, 240 und 241 angeordnet ist (§ 2 Abs. 4 S. 2 StVO). Rechte Fahrradwege, die nicht entsprechend beschildert sind, dürfen befahren werden, müssen es aber nicht (§ 2 Abs. 4 S. 3 StVO). Das Gleiche gilt für linke Radwege (vgl. hierzu Scheidler NZV 2010, 230, 232).

2. Nutzt ein Radfahrer den vorhandenen zu benutzenden Radweg nicht, und stürzt er aufgrund einer Ölspur auf der von ihm genutzten Fahrbahn, trifft ihn eine Mithaftung von 50 % (vgl. OLG Frankfurt NZV 2012, 179).

Die Benutzungspflicht entfällt, wenn der Raweg vor allem wegen Schnee und Eis nicht mehr gefahrenfrei benutzar ist (vgl. BGH NZV 1995, 144; OLG Köln NZV 1994, 278; Schuert NZV 2006, 288; Kettler NZV 2006, 347).

3. Die naheliegende Konstellation, dass ein Radfahrer den Radweg entgegen der zugelassenen Fahrtrichtung befährt und es hierbei zu einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern kommt, setzt im Ausgangspunkt der Lösung die Beantwortung der Frage nach den Vorfahrtsverhältnissen voraus. Die plakative Formulierung des OLG Bremen, dass der in falscher Richtung fahrende Radfahrer dort nicht habe fahren dürfen, womit schon begrifflich ein Vorfahrtsrecht ausgeschlossen sei (vgl. OLG Bremen zfs 1997, 210; vgl. auch OLG Celle [Strafsenat] NJW 1896, 2065; ablehnend zu dieser Argumentation BGH NJW 1986, 2691 [Strafsenat]; OLG Hamm zfs 1996, 284; OLG Hamm zfs 1992, 364; OLG Düsseldorf DAR 2001, 78), steht im Gegensatz zu dem Grundsatz, dass Verkehrsverstöße des Vorfahrtsberechtigten sein Vorrecht nicht entfallen lassen, sondern allenfalls seine Mithaftung begründen (vgl. LG Saarbrücken NZV 2012, 173; OLG Karlsruhe NZV 2012, 437; OLG Koblenz SP 2012, 437; vgl. auch BGH NJW 1986, 2651; OLG Düsseldorf NZV 2000, 506). Das Befahren linker Radwege und von Radwegen in falscher Richtung ist ein häufiger Verkehrsverstoß, sodass ein Kfz-Fahrer bei der Ausfahrt aus einem Grundstück oder aus einer wartepflichtigen Straße nicht damit rechnen kann, dass sich auf der Vorfahrtstraße, auf dem sich ihm darbietenden Radweg allenfalls Verkehr in zulässiger Richtung befindet. Soweit trägt der Vertrauensgrundsatz nicht (vgl. KG VRS 68, 284; OLG Hamm NZV 1992, 364).

RiOLG a.D. Heinz Diehl

zfs 1/2018, S. 14 - 16

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