Rz. 159

Der Fristenplan laut Mustermietvertrag 1976 konnte bisher aufgrund der neueren Rechtsprechung des BGH als gefestigt angesehen werden (BGH, Urteil v. 23.6.2004, VIII ZR 361/03, GE 2004, 1023; BGH, Urteil v. 14.7.2004, VIII ZR 339/03, GE 2004, 1093).

Selbst wenn im Mietvertrag kein Fristenplan ausdrücklich vereinbart ist, konnten diese Fristen als Erfahrungsfristen entsprechend herangezogen werden (BGHZ 92, 363, 368; KG, Urteil v. 29.3.2004, 8 U 682/03, DWW 2004, 259). Dieser Fristenplan galt auch bei Übergabe einer unrenovierten Wohnung, sofern mit dem Fristenplan eine ab Mietbeginn laufende Regelung getroffen wurde (vgl. BGH, Urteil v. 3.6.1998, VIII ZR 317/97, GE 1998, 1146).

Der Fristenplan laut Mustermietvertrag ’76, der Grundlage vieler Formularmietverträge geworden ist, wird neuerdings allerdings im Schrifttum zur Diskussion gestellt.

BGH, Urteil v. 26.9.2007, VIII ZR 143/06, GE 2007, 1622:

"Allerdings wird im Schrifttum (Langenberg, WuM 2006, 122; ders., WuM 2007, 231, 233; Wiek, WuM 2006, 680, 681; Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 535 Rn. 269; vgl. auch Artz, NZM 2007, 265, 274; Kappus, ZMR 2007, 31, 32) zunehmend – wie auch vom Berufungsgericht – die Dauer der Regelfristen von drei, fünf und sieben Jahren als unangemessen kurz kritisiert. Sie entsprechen dem Fristenplan, der in § 7 Fußnote 1 des vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Mustermietvertrags 1976, Fassung I, enthalten ist (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 22/76, abgedruckt bei Gelhaar in BGB-RGRK, 12. Aufl., Vor § 535 Rn. 87). Ob bei neu abzuschließenden Mietverträgen wegen inzwischen veränderter Wohnverhältnisse und verbesserter Dekorationsmaterialien zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters für einzelne oder für alle Renovierungsarbeiten längere Regelfristen geboten sind oder ob im Hinblick auf die Abhängigkeit des regelmäßigen Renovierungsbedarfs von der Art und Weise der jeweiligen Dekoration und dem konkreten Wohnverhalten kein Anlass für eine Verlängerung der Fristen besteht (so Schach, GE 2006, 1018), bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls für in der Vergangenheit geschlossene Mietverträge hält der Senat an seiner Rechtsprechung (Urteil v. 16.2.2005, VIII ZR 48/04, GE 2005, 427, unter II 1, m. w. N.; Urteil v. 18.10.2006, a. a. O.) fest, dass der Fristenplan des Mustermietvertrags auch im Falle der formularvertraglichen Vereinbarung zulässig ist."

Langenberg weist in einem Beitrag in WuM 2006, 122 ff. darauf hin, dass der Mustermietvertrag ’76 (MMV) auf einem Forschungsauftrag basiert, den das damalige Ministerium für Wohnungswesen und Städtebau dem Institut für Wohnungsrecht und Wohnungswirtschaft an der Universität zu Köln im Jahre 1968 erteilt hatte. Die später in die Endfassung des Mustermietvertrages ’76 aufgenommenen Fristen seien offenbar aufgrund weiterer Beratungen im Ministerium zustande gekommen. Nach Langenberg geben die Materialien des MMV keine unmittelbare Begründung für die Fristen in der Fußnote 1 zu § 7 Mustermietvertrag ’76.

Langenberg führt im Einzelnen aus, dass das moderne Dekorationsmaterial wie Tapeten, Farben usw. im Hinblick auf das Jahr 1976 eine weitaus bessere Qualität mit entsprechend längerer Lebensdauer aufweise. Auch im Hinblick auf die veränderte Wohnungsbelegung würden sich die Fristen laut Mustermietvertrag ’76 als zu kurz erweisen. In diesem Zusammenhang nennt er die Richtlinien für die Ermittlung der Verkehrswerte (Marktwerte) von Grundstücken (Wertermittlungs-Richtlinien) 1991, die für bestimmte Materialien eine Lebensdauer angeben, die wesentlich länger als die Fristen des Mustermietvertrages ’76 sind. Daran anknüpfend schlägt Langenberg folgende Fristen vor: Tapezierungen und mithin auch der Anstrich von Raufasertapeten in den Wohn- und Schlafräumen sowie im Flur nach acht Jahren, in sonstigen Nebenräumen nach zehn Jahren, wegen der höheren Beanspruchung in Bad und Küche nach fünf Jahren. Lackarbeiten in Bad und Küche nach acht Jahren, in den Wohn- und Schlafräumen sowie im Flur nach zehn Jahren und in sonstigen Räumen nach 15 Jahren. Bei diesen Fristen solle es sich (selbstverständlich) um weiche Fristen handeln. Entscheidend bleibt der tatsächliche Zustand der Räume.

Nach hier vertretener Auffassung besteht aus technischer Sicht wegen verbesserter Materialien kein Anlass, die Fristen des Mustermietvertrages zu verlängern.

Richtig ist zwar, dass die Materialien hochwertiger geworden sind. Es kommt jedoch (nach wie vor) darauf an, mit welchen Materialien im Einzelnen gearbeitet worden ist und wie sich der Mieter in den Mieträumen verhalten hat. Entscheidend bleibt das Wohnverhalten in Abhängigkeit von der Art und Weise der Dekoration.

Malermäßig ist wie folgt zu differenzieren (die folgenden Ausführungen beruhen auf Auskünften des Malermeisters und öffentlich bestellten Sachverständigen Manfred Hecht aus Berlin, der leider verstorben ist; vgl. auch Schach in GE 2006, 1018 ff.:

a. Dekor- bzw. Mustertapeten

Derartige Tapeten sind gegenüber früheren Jahrzehnte...

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