Rz. 127

§ 536b Satz 1 bezieht sich nicht auf den Herstellungsanspruch nach § 535. Daraus folgt, dass der Mieter diesen Anspruch auch dann hat, wenn er Mängel der Mietsache bei Abschluss des Mietvertrags kennt und keinen Vorbehalt macht (vgl. u.a LG Berlin, Urteil v. 12.5.2022, 67 S 30/22, GE 2022, 693 – allgemeine Meinung). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Mieter einen Mangel feststellt, die Wohnung übernimmt und den Mangel über längere Zeit nicht rügt. Dann kann (im Einzelfall) eine Billigung des Zustands als vertragsgemäß angenommen werden mit der Folge, dass ein Erfüllungsanspruch später nicht mehr geltend gemacht werden kann. Rechtsdogmatisch dürfte sich der Vermieter aber in einem derartigen Fall eher mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242) wehren können, wenn später dennoch Herstellung begehrt wird.

Bei vom Vermieter nicht zu vertretender Zerstörung der Mietsache endet die Pflicht aus § 535. § 275 setzt zum einen die Unmöglichkeit der Leistung und zum anderen die mangelnde Schuld des Vermieters voraus. Der Vermieter wird von der Pflicht des § 535 also überhaupt nur dann befreit, wenn er den Untergang der Mietsache nicht zu vertreten hat. Dabei hat der Vermieter Vorsatz, aber auch Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276). Den Schuldner/Vermieter trifft die Beweislast, wenn streitig ist, ob die Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstands ist. Das kann z. B. bei einem ungeklärten Brand eine nicht leicht zu beantwortende Frage werden. Die Unmöglichkeit der Leistung ist mietrechtlich mit dem Untergang der Mietsache in Verbindung zu bringen. Geeignete Abgrenzungskriterien hierzu bringt das Gesetz nicht: Brennt z. B. das Haus, in dem sich die Mietwohnung befindet, vollständig ab, dürfte die Sachlage klar sein. Die Mietsache ist dann untergegangen, der Vermieter wird von seiner Leistung frei. Eine Aufbaupflicht besteht nicht und kann grundsätzlich auch nicht aus § 242 hergeleitet werden. Bei einem Wohnungsbrand ist das Problem schon viel schwieriger zu beurteilen. Die Kriterien der §§ 16 und 17 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) sind nur bedingt heranziehbar. Dort wird zwar die Zerstörung definiert, wonach ein außergewöhnliches Ereignis bewirkt haben muss, dass oberhalb des Kellergeschosses auf die Dauer benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist, im Weiteren wird jedoch von Raum gesprochen, der auf die Dauer zu Wohnzwecken nicht mehr benutzbar sein muss (und dann wieder benutzbar gemacht wird). Immerhin kann jedoch der Gedanke der Benutzbarkeit, die auf Dauer ausgeschlossen sein muss, herangezogen werden. Sind die Räume durch Schönheitsreparaturen wieder herzurichten, kann sicher nicht von einem Untergang der Mietsache gesprochen werden. Auf der anderen Seite kann ein Untergang der Sache nicht schon dann verneint werden, wenn Wände, Boden und Decke noch vorhanden sind, mithin noch ein Raumgebilde besteht. Die Grenzen hierzu sind allerdings fließend. Daraus folgt das Problem, was ein Vermieter vortragen muss, um eine Zerstörung der Sache/Unmöglichkeit der Leistung annehmen zu können. In einem dem LG Berlin vorliegenden Fall (Urteil v. 4.5.1998, 62 S 485/95) hatte in der Wohnung ein ungeklärter Brand mit sicher nicht unerheblichen Schäden stattgefunden. Der Vermieter hatte vorgetragen, dass die Wohnung vollständig durch Brand zerstört worden sei, und hatte sich zum Beweis auf die Ermittlungsakten gestützt. Dies alles reichte der Kammer nicht aus. Der Vortrag hätte substanziiert sein müssen.

Dabei hätte sich der Vortrag auf den Zustand der Mietsache nach dem Brand im Einzelnen beziehen müssen. Folgende Tatsachen hätten dazu z. B. vorgetragen werden sollen:

  • Zustand des Fußbodens vor und nach dem Brand (z. B. Dielenfußboden – Dielen vollständig bzw. teilweise verbrannt oder nur noch Schüttung vorhanden),
  • Zustand der Wände vor und nach dem Brand (vollständiger oder teilweiser Abfall von Putz, Durchbrüche zur nächsten Wohnung und dgl.),
  • Aufbau der Decken – Zustand nach dem Brand (z. B. Abbrennen der Strohdecke, dadurch mangelnde Tragfähigkeit),
  • Fenster mit Glas und Rahmen (z. B. Holzfenster vollständig zerstört),
  • Elektroleitungen verglüht,
  • Sanitärobjekte gesprungen, Zu- und Abflüsse verschmort.

Bei Teilzerstörung stellt sich die Frage, inwiefern der Vermieter verpflichtet ist, die Mietsache wieder aufzubauen. Hier wird die Opfergrenze gezogen (vgl. BGH, Urteil v. 14.4.1976, VIII ZR 288/74, BGHZ 66, 349; OLG Karlsruhe, Urteil v. 30.12.1994, 19 U 113/94, WuM 1995, 308 für den Fall einer Brandzerstörung, bei der eine Instandsetzung einer Neuherstellung gleichkommt). Die Frage der Opfergrenze bei einer teilweisen Zerstörung der Mietsache, die der Vermieter zu vertreten hat, ist rechtlich lediglich nach § 242 zu beurteilen; denn § 275 greift nicht ein. Die Rechtsprechung stellt an die Opfergrenze allerdings hohe Anforderungen (LG Wuppertal, Urteil v. 24.11.1989, 10 S 393/89, WuM 1991, 178; LG Osnabrück, Urteil v. 17.9.1991, 12 S 45/91, WuM 1992, 119). Grundsätzli...

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