Leitsatz

Gegenstand der Entscheidung war die Frage, ob Verurteilung zur Leistung auch dann in voller Höhe erfolgen kann, wenn der Unterhaltspflichtige zuvor durch Urteil zur Leistung an die Unterhaltsvorschusskasse verpflichtet wurde.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte wegen Nichtzahlung von Unterhalt durch den Beklagten, ihren Vater, Leistungen von der Unterhaltsvorschusskasse i.H.v. 111,00 EUR in den Monaten Mai und Juni 2007, i.H.v. 109,00 EUR von Juli bis Dezember 2007 und danach monatlich 125,00 EUR bis zum 31.12.2008 und i.H.v. 117,00 EUR ab dem 1.1.2009 erhalten.

Durch rechtskräftiges Urteil vom 8.8.2008 des Landkreises S (der Unterhaltsvorschusskasse) gegen den Beklagten wurde er verurteilt, an die Vorschusskasse für die Zeit vom 1.3.2007 bis 31.8.2007 insgesamt 949,00 EUR zu leisten. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus monatlich 82,00 EUR bis Juni 2007, monatlich 81,00 EUR bis Dezember 2007 und danach monatlich 45,00 EUR.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten ab dem 1.5.2007 bis zum 31.12.2007 100 % des Regelbetrages nach der bis dahin geltenden Regelbetragsverordnung und danach den Mindestunterhalt für ein Kind der ersten Altersstufe unter Berücksichtigung bzw. Abzug der von der Vorschusskasse gezahlten Leistungen klageweise geltend gemacht.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen unter Hinweis darauf, dass der Beklagte nicht mehr Unterhalt zahlen könne, als in dem Rechtsstreit der Unterhaltsvorschusskasse gegen den Beklagten festgestellt worden sei.

Im Übrigen sei zwar der Beklagte seiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen, gleichwohl könne nur ein fiktives Einkommen von insgesamt 1.000,00 EUR angenommen werden. 800,00 EUR könne er "normal" verdienen, weitere 200,00 EUR durch Nebentätigkeiten.

Gegen dieses Urteil wandte sich die Klägerin mit der Berufung und kritisierte u.a. das in der Berechnung des erstinstanzlichen Gerichts zugrunde gelegte Einkommen des Beklagten. Während seiner Aushilfstätigkeit als Taxifahrer habe er bereits 895,00 EUR monatlich ohne Trinkgeld verdient. Aufgrund dessen sei bei ihm ein höheres Einkommen zugrunde zu legen.

Die Klägerin beantragte, den Beklagten (unter Berücksichtigung erhaltener Vorschusszahlungen) zu verurteilen, an sie für den Zeitraum vom 1.5.2007 bis 28.2.2009 insgesamt 1.627,00 EUR Unterhalt zu zahlen und danach einen Unterhalt von monatlich 100 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes.

Das Rechtsmittel der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts insoweit, als den Beklagten ggü. der minderjährigen Klägerin eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit treffe. Das erstinstanzlich zugrunde gelegte Einkommen sei allerdings nicht hinnehmbar, da der Beklagte schon als Aushilfstaxifahrer lt. Verdienstbescheinigung für Juli 2004 einen monatlichen Verdienst von 895,55 EUR erzielt habe und hierbei üblicherweise gezahlte Trinkgelder nicht berücksichtigt seien.

Es liege daher nahe, von einem erzielbaren Nettoeinkommen i.H.v. 1.100,00 EUR bis 1.150,00 EUR auszugehen, dem ein möglicher Nebenverdienst durch Aushilfsarbeiten zwischen 150,00 EUR und 200,00 EUR monatlich hinzuzurechnen sei. Mithin könne bei der Unterhaltsberechnung ein Einkommen von 1.300,00 EUR monatlich zugrunde gelegt werden.

Die Klägerin könne ab dem Monat, der auf die letzte mündliche Verhandlung folge, die Zahlung des vollen Unterhaltsbetrages an sich verlangen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 615).

Für die Zeit davor könne sie - wie von ihr beantragt - nur den sog. Spitzenbetrag, somit die Differenz zwischen Unterhaltsanspruch und Vorschussleistungen verlangen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Naumburg, Urteil vom 10.03.2009, 3 UF 175/08

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