Zusammenfassung

 
Überblick

Verwandte in gerader Linie sind einander zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet. Die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu unterhalten, ist ein in der Praxis besonders wichtiger Fall des allgemeinen Verwandtenunterhalts. Allerdings ergeben sich aufgrund der Elternverantwortung für ihre minderjährigen Kinder Besonderheiten. Die Unterhaltspflicht für Kinder dauert ein Leben lang an, besteht also auch noch gegenüber volljährigen Kindern. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die Vorschriften zum Verwandtenunterhalt sind in den §§ 1601ff. BGB geregelt. Das Verfahren findet sich in den §§ 231ff. FamFG.

1 Grundlagen des Familienunterhalts

1.1 Unterhaltssachen und familiengerichtliche Zuständigkeit

Die zur Zuständigkeit der großen Familiengerichte gehörenden Unterhaltssachen (§ 231 Abs. 1 FamFG) betreffen die durch die verschieden- und gleichgeschlechtliche Ehe begründete Unterhaltspflicht, die der durch die (weiterhin bestehende) eingetragene Lebenspartnerschaft begründeten Unterhaltspflicht gleichgestellt ist (§ 269 Abs. 1 Nr. 9 FamFG), und die durch Verwandtschaft begründete Unterhaltspflicht (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), d. h. die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern, von Kindern gegenüber ihren Eltern, von Großeltern gegenüber ihren Enkelkindern und sonstige Unterhaltsansprüche geradlinig verwandter Personen, sowie den Kinderbetreuungsunterhalt eines nichtehelichen Elternteils (§ 231 Abs. 1 Nr. 3 FamFG). Das Familiengericht ist nicht nur für die Titulierung des Unterhaltsanspruchs zuständig, sondern auch für die dazugehörigen Auskunftsansprüche, Rückforderungen und den Arrest zur Sicherung von Unterhaltsansprüchen. Es handelt sich dabei um Familienstreitsachen (§ 112 Nr. 1 FamFG), die sich gesetzlich nach den Vorschriften der ZPO richten (§ 113 Abs. 1 FamFG). Der Unterhaltsanspruch kann auch im Eilverfahren durch eine einstweilige Unterhaltsanordnung (§§ 246 ff. FamFG) durchgesetzt werden. Eine Eilanordnung schließt die Einleitung eines Unterhalthauptsacheverfahrens nicht aus, um einen rechtskräftigen Unterhaltstitel zu erlangen.[1]

 
Wichtig

Anspruch auf Unterhaltstitel

Der Unterhaltsberechtigte hat, auch wenn der Unterhalt regelmäßig in voller Höhe oder hinsichtlich eines Teils bezahlt wird, einen Anspruch auf Titulierung in voller Höhe. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nur bei Vorliegen eines Unterhaltstitels, aus dem vollstreckt werden kann (z. B. gerichtlicher Unterhaltsvergleich, vollstreckbarer Anwaltsvergleich oder notarielle vollstreckbare Urkunde). Der Unterhaltsberechtigte muss die Kosten für den Titel tragen; §§ 59, 60 SGB VIII sehen für den Kindesunterhalt eine kostenlose Möglichkeit der Titulierung vor. Wird beim Familiengericht ein Unterhaltsantrag eingereicht, bevor der Unterhaltsschuldner außergerichtlich zur Tilgung des Anspruchs aufgefordert wurde, kann dieser den Anspruch sofort anerkennen. In diesem Fall hat der Unterhaltsberechtigte die Kosten zu tragen (§ 243 Nr. 4 FamFG, § 93 ZPO).[2] Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unterhaltsschuldner den Unterhalt nicht rechtzeitig leistet.

1.2 Prüfungsschema für Unterhaltsansprüche

Bei jedem Unterhaltsanspruch, also auch beim Kindesunterhalt, sind folgende Voraussetzungen zu prüfen:

  • Unterhaltstatbestand als Grundlage.
  • Bedürftigkeit des Berechtigten.
  • Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen.
  • Bedarf und Unterhaltshöhe.
  • Besonderheiten der betreffenden unterhaltsrechtlichen Beziehung.

2 Eltern-Kind-Verhältnis (Unterhaltstatbestand)

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB). Alle Personen, die voneinander abstammen, sind deshalb zum Unterhalt verpflichtet. Da der Unterhaltsanspruch allein auf der Verwandtschaft beruht, besteht er dem Grunde nach lebenslang.

Dies betrifft nicht nur die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern, sondern auch in umgekehrter Richtung: die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern, die insbesondere bei nicht gedeckten Kosten eines Pflegeheims im Zusammenhang mit der Überleitung des Anspruchs auf die Sozialhilfebehörde relevant wird.

Auch weiter entfernte Verwandte wie Großeltern, Urgroßeltern, Enkel und Urenkel sind einander zum Unterhalt verpflichtet. Eine Generationenbegrenzung oder eine Beschränkung bis zu einem bestimmten Grad der Verwandtschaft sieht das Zivilrecht (anders § 94 Abs. 1 S. 3 SGB XII für Verwandte vom zweiten Grad an) nicht vor. Die Verwandtenunterhaltspflicht besteht auch, wenn die Verwandtschaft auf einer Adoption beruht. Umgekehrt erlischt die Unterhaltspflicht der leiblichen Eltern für die Zukunft bei einer Minderjährigenadoption (§ 1755 Abs. 1 BGB); rückständige Unterhaltsansprüche bleiben bestehen

Die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren Kindern besteht sowohl gegenüber minderjährigen Kindern als auch gegenüber volljährigen Kindern. Die Unterhaltspflicht gegenüber ihren minderjährigen Kindern ist wegen der elterlichen Verantwortung, den Lebensbedarf des Kindes sicherzustellen, besonders stark ausgeprägt. Di...

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