Leitsatz

Die Klägerin war durch Versäumnisurteil des AG vom 6.9.2004 verurteilt worden, an ihre seinerzeit noch minderjährige Tochter Kindesunterhalt i.H.v. 284,00 EUR monatlich beginnend ab Januar 2004 zu zahlen.

Sie begehrte Abänderung des Titels u.a. unter Hinweis darauf, dass sich ihre Steuerklasse ab Januar 2005 nach dem Wechsel ihrer Tochter in den Haushalt ihres Vaters geändert hatte. Darüber hinaus war die Beklagte am 7.11.2006 volljährig geworden und die Höhe des der Klägerin zustehenden Selbstbehalts hatte sich gemäß den einschlägigen Unterhaltsleitlinien des OLG Köln zum 1.7.2005 verändert.

Erstinstanzlich war der Abänderungsklage der Klägerin insoweit stattgegeben worden, als festgestellt wurde, dass der Beklagten ab Februar 2005 nur noch monatlicher Unterhalt i.H.v. 73,31 EUR zusteht.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein. Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Voraussetzungen für eine Abänderungsklage nach § 323 Abs. 1 ZPO für gegeben. Seit der Verurteilung der Klägerin im Jahre 2004 hätten sich die Umstände, die seinerzeit zu ihrer Verurteilung führten, so entscheidend geändert, dass eine Abänderung des Versäumnisurteils begehrt werden könne.

Dies bereits im Hinblick auf die Änderung der Steuerklasse der Klägerin nach dem Umzug der Beklagten in den Haushalt ihres Vaters und im Hinblick auf den Eintritt der Volljährigkeit der Tochter.

Die Klägerin sei mit ihrem Vorbringen auch nicht nach § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert. Zwar habe bereits seinerzeit ein erhebliches Einkommensgefälle zwischen den Eltern der Beklagten bestanden. Gleichwohl sei die Klägerin nicht gehindert, diesen Umstand im Abänderungsprozess geltend zu machen. Grundsätzlich könne eine Abänderungsklage auf Gründe, die vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess bereits vorhanden gewesen seien, auch dann nicht gestützt werden, wenn sie dort nicht vorgetragen und deshalb noch nicht Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung gewesen seien. Dies gelte jedoch nicht uneingeschränkt. Fortdauernde Gründe für die Zukunft könnten neu vorgebracht werden, wenn daneben sonstige wesentliche Veränderungen eingetreten seien.

Ebenso liege der Fall hier. Das erhebliche Einkommensgefälle zwischen den beiden Eltern habe mit der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses nicht sein Ende gefunden. Vielmehr dauere es an und wirke weiter fort (vgl. hierzu u.a. BGH FamRZ 1990, 1095).

Im Hinblick auf das nach wie vor bestehende Ungleichgewicht zwischen den Einkommensverhältnissen der beiden Elternteile erscheine es gerechtfertigt, den Vater der Beklagten als betreuenden Elternteil zu Barunterhaltsleistungen heranzuziehen. Der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuungsunterhalt gelte nicht uneingeschränkt. Er gelte z.B. nicht für den Zusatzbedarf. Auch für den normalen Unterhaltsbedarf gelte er dann nicht, wenn die Vermögens- oder Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger seien als die des anderen Elternteils. In einem solchen Fall könne die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils sich ermäßigen oder ganz entfallen, wenn der nicht betreuende Elternteil zu Unterhaltszahlungen nicht ohne Beeinträchtigung des eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre, während der andere Elternteil neben der Betreuung des Kindes auch den Barunterhalt leisten könnte, ohne dass dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet würde. Die Heranziehung des nicht betreuenden Elternteils zum Barunterhalt dürfe nicht zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führen (so u.a BGH v. 19.11.1997 - XII ZR 1/96, FamRZ 1998, 286 ff. m.w.N.; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 9.Aufl. 2004, Rz. 899 m.w.N.).

Entscheidend sei, dass der für den eigenen angemessenen Unterhalt verbleibende Betrag denjenigen des an sich barunterhaltspflichtigen nicht betreuenden Elternteils so deutlich übersteige, dass eine Abweichung von der Regel des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB geboten sei.

Hiervon konnte nach Auffassung des OLG im vorliegenden Fall ausgegangen werden. Der Vater der Beklagten verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von 2.836,00 EUR, die Klägerin hingegen nur über ein solches von rund 1.000,00 EUR. Dieser Betrag liege für die Zeit bis zum 30.6.2005 gerade noch im Bereich des angemessenen Selbstbehalts und für die Zeit danach um 100,00 EUR darunter.

Dagegen verblieben dem Vater der Beklagten über dem angemessenen Selbstbehalt noch 1.836,00 EUR, was eine Abweichung von der Regel des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB geboten erscheinen lasse.

Die Klägerin sei auch nicht gehalten, durch die Aufnahme einer Nebentätigkeit ihr Einkommen zu verbessern, um sich leistungsfähiger zu machen. Das OLG folgte insoweit der Rechtsprechung des BGH, wonach im Falle eines erheblichen finanziellen Ungleichgewichts zwischen den Eltern, das zur Barunterhaltspflicht des betreuenden Elternteils führen müsse, eine gesteigerte...

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